21. November 2024

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295.000 neue Wohnungen in Deutschland – Verschärfter Mangel

Hunderttausende Wohnungen fehlen in Deutschland. Doch die Baubranche steckt in einer tiefen Krise. Immerhin ist die Zahl der Neubauten nicht eingebrochen.

Mit rund 295.000 neuen Wohnungen sind in Deutschland ähnlich viele fertiggestellt worden wie im Jahr zuvor. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Donnerstag aus informierten Kreisen. Table.Media hatte zuerst darüber berichtet und sich auf Branchenkreise mit Verweis auf aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamts berufen. Die Bundesregierung hatte zu ihrem Start als Zielmarke 400.000 neue Wohnungen pro Jahr ausgegeben.

Trotzdem sagte Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD): «Sollten sich die nun vorab in den Medien genannten Zahlen bestätigen, wäre das eine starke Leistung der Baubranche, die zeigt, dass die Branche stabil durch die Krise kommt und Arbeitsplatzverluste vermieden werden.» Veröffentlicht würden die Baufertigstellungszahlen erst am kommenden Donnerstag vom Statistischen Bundesamt.

Baubranche fordert niedrigere Grunderwerbsteuern

Bauvorhaben haben sich wegen des kräftigen Anstiegs der Kreditzinsen und der Baukosten in den vergangenen zwei Jahren stark verteuert. Die Grünen-Bauexpertin Christina-Johanne Schröder nannte fast 300.000 neue Wohnungen «eine gute Nachricht aus der Bau- und Immobilienwirtschaft nach dem Zinsschock». Die Ampel-Koalition kämpfe gegen Wohnungsnot und explodierende Mieten. «Daher ist es erfreulich, dass mehr Wohnungen gebaut wurden als angenommen.»

Aus Sicht der Immobilienwirtschaft sollte «die Dramatik des Wohnungsmangels» jedoch nicht unterschätzt werden. «Wir sind noch nicht ansatzweise so weit, dass Fertigungszahlen die immer größere Wohnungslücke aufholen»¸ sagte der Präsident des Spitzenverbands der Immobilienwirtschaft ZIA, Andreas Mattner. Auch schlügen einbrechende Zahlen bei Projektentwicklungen erst noch richtig durch. Die Branche hatte erst im April über fehlende Neuaufträge und Stornierungen bereits geplanter Projekte geklagt.

Mattner mahnte: «Je mehr sich der Staat in Zurückhaltung übt, desto entschiedener können und werden Investoren beim Wohnungsbau zulegen.» Der ZIA-Präsident kritisierte Länder mit hohen Grunderwerbsteuern von bis zu 6,5 Prozent. Der Anteil staatlicher Vorgaben und Auflagen bei den Kosten für Wohnungsneubau liege bei insgesamt 37 Prozent, beklagte Mattner.

Studie: 800.000 Wohnungen fehlen

Der ZIA hatte die Neubaulücke in Deutschland zuletzt auf 600.000 Wohnungen beziffert und gewarnt, dass dieser Wert ohne Korrekturen auf bis zu 830.000 Wohnungen im Jahr 2027 steigen könnte. Nach einer Studie des Bauforschungsinstituts Arge sind die Baukosten in den vergangenen vier Jahren etwa in Großstädten um 42 Prozent gestiegen. Gleichzeitig zogen die Bauzinsen an. Laut Arge fehlen in Deutschland schon heute etwa 800.000 Wohnungen – vor allem bezahlbare. 

In die nähere Zukunft blickt die Bau- und Ausbauwirtschaft allenfalls verhalten. Nur um ein minimales Plus von 0,6 Prozent werde in diesem Jahr der Umsatz zulegen, sagte der Vorsitzende der Bundesvereinigung Bauwirtschaft, Marcus Nachbauer. Für das Bauhauptgewerbe rechnet der Verband mit einem Umsatzrückgang von 4 Prozent. Das Minus im Bauhauptgewerbe liegt laut Nachbauer an der sinkenden Nachfrage im Wohnungsneubau. Um fast 27 Prozent seien 2023 die Baugenehmigungen für neue Wohnungen eingebrochen. Je bedeutender das Geschäftsfeld Wohnungsneubau für einen Betrieb sei, umso größer sei dessen Herausforderung. 

Impulsgeber Energiewende

Als einen der besten Hebel, um den Wohnungsbau anzukurbeln, sieht Nachbauer eine bessere Zinsstütze an. Ein Lichtblick sei der Bereich Gebäudetechnik und Dienstleistungen. Hier werde ein Umsatzplus von 5 Prozent auf 195 Milliarden Euro erwartet, begünstigt durch die Energiewende. «Impulsgeber im Elektrotechnikerhandwerk sind Installation von Speicher- und Solaranlagen.» 

Nach dem Willen von Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) sollen Kommunen und Häuslebauer künftig die jeweils passende klimafreundliche Energiequelle zum Heizen nutzen. «Wichtig ist, dass man nicht potenzielle Energiequellen übersieht», sagte Geywitz am Donnerstag in Berlin. Wärmepumpen seien eine Möglichkeit, aber nicht passend für alle. 

Geywitz bekräftigte, dass sie den eigentlich geplanten erhöhten Effizienzstandard – EH40 genannt – kritisch sehe. EH40 heißt: ein Bedarf von 40 Prozent der Energie eines Vergleichsgebäudes. Das einzuhalten, erfordere oft teure, aufwendige Baumaßnahmen. Besser ist es nach Ansicht von Geywitz die sogenannte Lebenseffizienz eines Gebäudes zu betrachten. Dies tue das bestehende staatliche Qualitätssiegel «Nachhaltiges Gebäude».