Seit die Corona-Bundes-Notbremse greift, klagen Modehändler über die «dritte Katastrophensaison» in Folge. Wie schon beim ersten Lockdown vor gut einem Jahr und auch im Weihnachtsgeschäft drohen wieder Berge von Hosen, Röcken und Jacken in den Geschäften liegen zu bleiben.
Sobald die Läden wieder öffnen dürfen, könnten deshalb rosige Zeiten für Schnäppchenjäger beginnen. Der Chef des Warenhauskonzerns Galeria Karstadt Kaufhof (GKK), Miguel Müllenbach, erwartet jedenfalls große Rabattaktionen im Modehandel. «Aktuell herrscht ein großer Warendruck, gerade bei Textilien», sagte er der «Bild»-Zeitung (Mittwoch). Die Lager seien übervoll. «Bei Kleidung werden wir so viele Rabattaktionen sehen wie nie zuvor.»
Auch der Modediscounter Takko rechnet mit spürbaren Preisnachlässen. «Ware, die wir im Winter aufgrund des umfassenden Lockdowns nicht verkaufen konnten, haben wir eingelagert und werden sie zur nächsten Herbst-/Winter-Saison wieder auf unsere Filialen verteilen», sagte eine Sprecherin. Die Frühlings- und Sommermode habe Takko «zumindest teilweise» verkaufen können. Weil sich aber keine nachhaltige Öffnungsperspektive für die Läden abzeichne, «rechnen auch wir mit zusätzlichen Rabatten und Aktionen, sobald die Geschäfte wieder für den größeren Kundenverkehr öffnen dürfen».
Wer bei einer Rabattschlacht im Modehandel mitmachen könnte, ist nach Einschätzung des Handelsverbandes Textil (BTE) aber noch nicht ausgemacht. «Die Strategien sind unterschiedlich», betonte BTE-Sprecher Axel Augustin. «Die einen sagen, wir packen die Ware weg, andere versuchen, die Lager zu räumen». Für kleinere Händler, die Überbrückungshilfen vom Bund bekämen, sei der Verkaufsdruck möglicherweise geringer als bei einem Großen wie Galeria Karstadt Kaufhof. Aber auch für die Kleinen gelte: «Je länger der Lockdown dauert, desto höher wird der Druck.»
GKK-Chef Müllenbach schließt nicht aus, dass die letzte große deutsche Warenhauskette möglicherweise weitere staatliche Hilfe braucht, um überleben zu können. «Hält der Lockdown an, werden wir weitere finanzielle Mittel benötigen.» Galeria Karstadt Kaufhof hatte Anfang des Jahres vom staatlichen Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) ein Darlehen von bis zu 460 Millionen Euro erhalten.
Nach Einschätzung von Marco Atzberger, des Leiters des Kölner Handelsforschungsinstituts EHI, dürfte vor allem hochwertige Mode an den Kleiderständern der Geschäfte hängen bleiben. «Da ist der Bedarf weggebrochen, das ist nicht nur eine kurzfristige Delle.» Wer auch nach Corona im Homeoffice arbeite, brauche keinen teuren Businessanzug. Und wann große Feste mit entsprechender Garderobe wieder möglich seien, stehe in den Sternen.
Zusätzlich mache dem Modehandel der deutlich schnellere Kollektionswechsel zu schaffen, sagt Handelsexperte Atzberger. Deshalb müssten die Geschäfte Druck ablassen: «Und normalerweise geschieht das über den Preis.»
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