27. November 2024

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Die maritime Branche sucht den Weg aus der Krise

Die Corona-Pandemie hat große Teile der maritimen Wirtschaft in eine Krise versetzt. Auf einer Konferenz diskutiert die Branche über Wege aus der Krise - und über einen mächtigen Konkurrenten.

Die Corona-Pandemie hat die Kreuzfahrtschifffahrt und den Neubau von Ozeanriesen weltweit zum Erliegen gebracht. Das ist aber nicht der einzige Grund, warum sich die weit verzweigte maritime Branche in einer Krise befindet.

Auch Subventionen in asiatischen Ländern machen den Unternehmen in Deutschland in der EU seit Jahren zu schaffen. Auf der 12. Nationalen Maritimen Konferenz kündigte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier nun ein härteres Vorgehen gegen fernöstliche Konkurrenz im Schiffbau an.

«Wir haben außerhalb von Europa zum Teil eine Wettbewerbssituation, die das Reagieren der Europäischen Union notwendig macht», sagte der CDU-Politiker am Montag in Rostock zum Auftakt der Veranstaltung. «Es gibt Länder, die in sehr eindeutiger und manchmal auch aggressiver Form versuchen, Teile des zivilen Schiffbaus zu monopolisieren oder zu dominieren, und deshalb werden wir diese Entwicklung nicht einfach tatenlos geschehen lassen.»

Welche Länder Altmaier im Einzelnen im Blick hat, und welche Maßnahmen ihm vorschweben, sagte er nicht. In der Werftindustrie gelten aber vor allem fernöstliche Schiffbauer, allen voran aus China, als gefährlichste Konkurrenz. Erst in der vergangenen Woche hatte der Branchenverband VSM beklagt, dass sich die deutschen Schiffbauer seit Jahren gegen übermächtige Konkurrenz einem Kampf mit ungleichen Mitteln ausgeliefert sehen. Dabei fühlen sie sich von Berlin und Brüssel im Stich gelassen. Seit den 1980er Jahren mussten die Schiffbauer immer mehr Marktanteile in den Fernen Osten abgeben, zunächst nach Japan, dann auch nach Südkorea – und seit Anfang dieses Jahrhunderts verstärkt in Richtung China.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte auf der Konferenz die maritime Branche auf, die Potenziale der Schifffahrt für eine klima- und umweltfreundlichere Zukunft zu nutzen. «Mit den deutschen und europäischen Kompetenzen im Schiffbau haben wir die Chance, Europa zum Leitmarkt für klimaschonende, ressourcen- und kostensparende Technologien zu machen», sagte Merkel. Wie Altmaier betonte sie die Rolle Europas bei den internationalen Herausforderungen. Es gelte, sich auf dem stark umkämpften Weltmarkt zu behaupten. «Wir haben es schließlich nicht nur mit Partnern, sondern auch mit Wettbewerbern oder besser gesagt mit Konkurrenten zu tun.»

Bei der Maritimen Konferenz in Rostock waren 1200 Teilnehmer dabei. Rostocks Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen (parteilos) konnte zu seinem Bedauern coronabedingt aber nur einige ausgewählte Besucher persönlich begrüßen. Nur die Inbetriebnahme von Europas größter Landstromanlage am Passagierkai in Warnemünde bot die Gelegenheit, die Hansestadt an der Ostsee im strahlendem Sonnenschein vorzustellen.

Der Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft, Norbert Brackmann, machte im Rahmen der Inbetriebnahme auf die Zukunftschancen der maritimen Branche aufmerksam. Er kündigte in diesem Zusammenhang an, dass noch in diesem Jahrzehnt ein sogenanntes Null-Emissionsschiff von vielen Beteiligten der deutschen maritimen Branche gebaut werden soll.

Mit der 19 Millionen Euro teuren Landstromanlage können bis zu zwei Kreuzfahrtschiffe während der Liegezeit im Hafen mit Strom versorgt werden, wie Altmaier sagte. «Das ist ein starkes Zeichen für den Standort Deutschland und für den Klimaschutz.» Die Versorgung der Schiffe mit Strom führe zu sauberer Luft in den Häfen, weniger Lärm und insgesamt weniger Ausstoß von Treibhausgasen. «Damit viele weitere See- und Binnenhäfen diesem Beispiel folgen können, will der Bund bis 2024 rund 176 Millionen Euro in die Hand nehmen, um klimafreundlichen Landstrom flächendeckend zu fördern.»

Begleitet wurde die Konferenz von Protesten der IG Metall Küste in Rostock und vor zahlreichen Werften in Norddeutschland. «Die Maritime Konferenz muss Wege aus der Krise aufzeigen», forderte Bezirksleiter Daniel Friedrich.

Brackmann sagte, die maritime Wirtschaft müsse angesichts ihrer Beschäftigungswirkung und gesamtwirtschaftlichen Effekte aus Sicht der Bundesregierung «zu ihrer alten Stärke» zurückfinden. Im Jahr 2018 habe die maritime Wirtschaft insgesamt 449 800 Arbeitsplätze abgesichert. «100 Arbeitsplätze in der maritimen Wirtschaft sichern somit weitere 130 Arbeitsplätze in Deutschland.» Die gesamtwirtschaftlichen Effekte beliefen sich 2018 auf einen Umsatz in Höhe von 86,3 Milliarden Euro, aus dem eine Wertschöpfung von 29,8 Milliarde Euro resultiert habe, heißt es in einer Studie des Wirtschaftsministeriums.

Von Joachim Mangler und Thomas Kaufner, dpa