23. November 2024

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Arbeitgeber und DGB forden zusätzliche Reformen

Vor einem Jahr beschlossen die Spitzen der Koalition ein Milliarden-Konjunkturpaket, um die Wirtschaft in der Corona-Krise anzukurbeln. Jetzt mahnen Wirtschaft und Gewerkschaft weitere Schritte an.

Ein Jahr nach der Einigung der schwarz-roten Koalition auf ein milliardenschweres Konjunkturpaket gegen die Auswirkungen der Corona-Krise fordern Wirtschaft und Gewerkschaften zusätzliche Reformen.

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sagte der Deutschen Presse-Agentur, im Mittelpunkt müsse die Stärkung von Wettbewerbsfähigkeit als Beitrag für nachhaltiges Wachstum stehen. «Wir sehen, wie sich im Wettbewerb andere Länder um uns herum aufstellen.» Auch müsse Arbeitszeit flexibler werden. DGB-Chef Reiner Hoffmann sprach sich für ein Investitionsprogramm aus. Ziel müsse sein, die Wirtschaft zukunftsfähig zu machen und die Transformation angesichts der klimapolitischen Herausforderungen zu meistern.

Konjunkturpaket schafft Grundlage für Reformen

Am 3. Juni 2020 hatten die Spitzen der schwarz-roten Koalition ein Konjunkturpaket beschlossen, um die Wirtschaft im Zuge der Corona-Krise anzukurbeln. «Wir wollen mit Wumms aus der Krise kommen», sagte Finanzminister Olaf Scholz (SPD) damals. Das Paket sah eine bis Ende 2020 befristete Senkung der Mehrwertsteuer sowie einen einmaligen Kinderbonus vor. Daneben ging es auch um deutlich höhere Prämien für Elektroautos, eine Senkung der EEG-Umlage zur Förderung von Ökostrom-Anlagen sowie Milliardenhilfen für Kommunen. Für besonders belastete Firmen wurden Überbrückungshilfen beschlossen.

«Das Konjunkturprogramm enthielt einige wichtige Maßnahmen, die viele Unternehmen in der Krisenzeit stabilisierten und anderen Liquidität für Investitionen verschafften», sagte Dulger. «Die Soziale Marktwirtschaft und auch die Sozialpartnerschaft waren zentrale Stützpfeiler für unsere Gesellschaft in der Corona-Krise. Aber wir haben auch gesehen: Wir haben dringenden Reformbedarf, um diese Stützpfeiler auch in der Zukunft tragfähig zu halten.»

Arbeitszeiten und Sozialversicherung

Die große Koalition habe sich mittlerweile seit acht Jahren vorgenommen, erste Schritte zu einer «Flexibilisierung» der Arbeitszeit zu gehen, sagte Dulger. «Und was ist bisher passiert? Nichts. Die Arbeitszeitverordnung stammt noch aus der Zeit von Telex und Wählscheibe. Die Lebenswirklichkeit ist längst eine andere.

Und dass wir bereits an den 40 Prozent Sozialversicherungsbeiträgen schrammen, ist auch kein Geheimnis.» Klares Ziel müsse es sein, die Sozialversicherungen unter der 40-Prozent-Marke zu halten: «Das sollte gesetzlich festgeschrieben werden.» Dulger forderte außerdem die Modernisierung und Digitalisierung des Bildungssystems.

Hoffmann: Regierung muss nachlegen

DGB-Chef Hoffmann sagte der Deutschen Presse-Agentur, angesichts des enormen Investitionsbedarfs müsse die Bundesregierung jetzt nachlegen. «Nicht zuletzt dank der Niedrigzinsen lassen sich solche staatlichen Investitionen auch ohne Probleme finanzieren», sagte der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). «Hürden stellen allenfalls die veralteten Schuldenregeln auf europäischer und deutscher Ebene dar. Sie sollten schnellstmöglich investitionsfreundlich überarbeitet werden.»

Auch die Kommunen bräuchten dringend Unterstützung. «Um wieder Luft für Investitionen zu haben, benötigen sie dauerhaft mehr Geld und Entlastung bei den Altschulden.» Um Spardruck abzuwenden, sollten Bund und Länder sich zudem mehr Zeit lassen bei der Rückzahlung der coronabedingt aufgenommenen Schulden. «Die Tilgungszeiträume, die sich die Politik dafür auferlegt hat, müssen auf mindestens 50 Jahre verlängert werden. Ein Sparkurs wäre zum jetzigen Zeitpunkt katastrophal.»

«Es ist gut, dass die Bundesregierung früh gegengesteuert hat, als sich das Ausmaß der Corona-Krise abzeichnete», sagte Hoffmann zu dem Konjunkturpaket. «Bei aller Kritik im Detail: Zusammen mit den Regelungen zur Kurzarbeit und den Überbrückungshilfen für Unternehmen dürfte auch das aufgelegte Konjunkturpaket dazu beigetragen haben, die wirtschaftlichen und sozialen Härten der Krise zu mindern.»

Die Gewerkschaften hätten aber von Anfang an darauf hingewiesen, dass eine temporäre Mehrwertsteuersenkung allenfalls beschränkte Wirkung haben könne und besser auf direkte Unterstützung wie Konsumgutscheine, Prämien oder einen höheren Kinderbonus gesetzt werden sollte. «Das hat sich im Nachhinein bestätigt. Untersuchungen zeigen, dass die Mehrwertsteuersenkung für vergleichsweise wenige Menschen ein Grund war, zusätzliche Güter zu kaufen oder Käufe vorzuziehen. Viel höher war die Unterstützung des privaten Konsums durch den Kinderbonus.»