23. November 2024

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Neues Gesetz soll «Patent-Trolle» stoppen

Deutschland ist bei Patentanwälten in aller Welt bislang besonders beliebt. In kaum einen anderen Land lassen sich selbst fragwürdige Ansprüche so leicht durchsetzen. Das könnte sich nun ändern.

Der Bundestag hat eine Reform des Patentrechts beschlossen, die Unternehmen vor einer missbräuchlichen Verwendung des Patentschutzes bewahren soll.

Die in der Nacht zum Freitag verabschiedete Gesetzesnovelle beschränkt das Recht von Patentinhabern, einen Unterlassungsanspruch gegen Patentverletzer durchzusetzen. Für die Initiative stimmten die Regierungsfraktionen von CDU/CSU und SPD. Die gesamte Opposition war dagegen. Aus der Wirtschaft gab es Lob für die Reform, aber auch Kritik.

Bislang konnten Patentinhaber gegen mutmaßliche Patentverstöße eine Unterlassung beanspruchen – noch bevor in dem eigentlichen Rechtsstreit ein Urteil gesprochen wurde. Dies führte häufig dazu, dass ein angeblich patentverletzendes Produkt mehrere Jahre lang vom Markt genommen werden musste. Eine Herausforderung für die Wirtschaft: Uwe Wiesner etwa, Chef-Patentanwalt von Volkswagen, wies schon vor Jahren darauf hin, welche Probleme nicht nur sein Unternehmen, sondern die gesamte Branche mit dem ungehinderten Zugang von Patentinhabern zu Unterlassungsklagen in Deutschland hatte.

Künftig können Gerichte nun entscheiden, ob es verhältnismäßig ist, dass der Inhaber eines Patents einen Unterlassungsanspruch durchsetzen will – oder ob dem Hersteller des beanstandeten Produkts durch den drohenden Produktionsstopp eine unverhältnismäßige Härte droht.

Die große Koalition will damit sogenannte Patent-Trolle stoppen, denen betroffene Unternehmen aus Angst vor einem Produktionsstopp oft hohe Summen zahlen. Allerdings soll es nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zur jetzt beschlossenen Einschränkung des Patentschutz kommen.

Der Opposition gehen die Änderungen zu weit – oder in die falsche Richtung. Die Reform sei eine «Verwässerung» des Patentrechts, sagte der AfD-Abgeordnete Jens Maier im Bundestag. Tabea Rößner (Grüne) warf der Bundesregierung «Kungelei» vor, vor allem mit der Autoindustrie. Von der Reform profitierten vor allem große Konzerne. Kleine, innovative Unternehmen müssten darunter leiden. «Fast wird der Eindruck erweckt, der Ehrliche sei der Dumme, wenn er Patentlizenzen rechtmäßig erwirbt», sagte Rößner.

Die Initiative «IP2Innovate», die unter anderem von Adidas, BMW, Daimler, der Deutschen Telekom und SAP getragen wird, begrüßte die Reform: «Das deutsche Patentrecht ist endlich im 21. Jahrhundert angekommen.» Nun könne die Patentpraxis zu einer zeitgemäßen Balance zwischen Patentschutz und Innovationsförderung finden.

Auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) lobte die Reform. «Der Missbrauch des Patentrechts hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen, es wurden spektakuläre Unterlassungsverfahren gegen die Industrie geführt», sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller laut einer Mitteilung. «Das hat zu hohen Kosten geführt, die die Unternehmen unnötig belastet haben.» Die jetzt beschlossene Patenrechtsreform sei eine gute Nachricht für den Industriestandort Deutschland.

Andere Wirtschaftsvertreter sehen die Reform kritisch, etwa der Verband forschender Arzneimittelhersteller. Jede Aufweichung des Patentschutzes sei eine Schwächung industrieller Innovationen, sagte Verbandspräsident Han Steutel der Deutschen Presse-Agentur. «Dem Innovationsstandort Deutschland wird das jedenfalls nicht gut tun.»

Eine Sprecherin der Volkswagen AG sprach von einem «klaren Signal gegen Patent-Trolle». «Die Reform ist ein wichtiger Schritt für ein faires und weniger missbrauchsanfälliges Patentrecht in Deutschland.»
Die Praxis müsse jetzt zeigen, inwieweit die deutschen Gerichte diese Chance aufgreifen werden.