Der Münchner Fernbus- und Zuganbieter Flixmobility wird mit einem Schlag Marktführer in den USA.
Für rund 172 Millionen Dollar (148 Mio Euro) kauft das Unternehmen Greyhound Lines, den größten Anbieter von Fernbusreisen in Nordamerika, wie beide Seiten am Donnerstag mitteilten. Statt den bisher 195 Zielen hat Flixmobility in den USA damit künftig rund 2400 Fernbus-Destinationen im Angebot.
«Gemeinsam werden Flixbus und Greyhound der gestiegenen Nachfrage nach umweltfreundlicher Mobilität in den USA Rechnung tragen», sagte Flixmobility-Mitgründer André Schwämmlein. Sein Unternehmen, das in Deutschland vor allem für die Marken Flixbus und Flixtrain bekannt ist, ist in den USA seit 2018 aktiv und hat das Angebot innerhalb von drei Jahren deutlich ausgebaut.
Greyhound: Eine US-Ikone
Mit Greyhound übernehmen die Münchner eine US-Ikone: Das 1914 gegründete Unternehmen mit Hauptsitz im texanischen Dallas ist ein fester Bestandteil der US-Popkultur – häufig besungen und in Hollywood-Filmen gezeigt. 1967 schaffte es der «Windhund»-Bus mit seinem silbernen Design ins New Yorker Museum of Modern Art. 1975 übersprang Motorrad-Stuntman Evel Knievel in einem TV-Spektakel 14 Greyhounds mit seiner Harley-Davidson.
Doch in den vergangenen Jahrzehnten ist der Glanz verblasst. Greyhound blieb zwar die Nummer 1 im US-Fernbusmarkt, entwickelte sich aber von einem Symbol des Aufbruchs zu einem von Image-Problemen geplagten Beförderungsmittel der Unterschicht. Ramponierte Sitze und stinkende Bordtoiletten machten die langen Fahrten durch das weite Land häufig schwer erträglich und brachten dem Greyhound unangenehme Spitznamen wie «Dirty Dog» oder «Hell Hound» ein. Allerdings hat die Busbranche im Autoland Amerika traditionell einen schweren Stand – wer es sich leisten kann, fliegt auf längeren Strecken oder nimmt den Zug.
Greyhound gehörte bislang zum britischen Transportkonzern Firstgroup. Mit dem Verkauf stärke das Unternehmen seinen Fokus auf öffentliche Verkehrsangebote in Großbritannien, teilte Firstgroup mit. Firstgroup hatte Greyhound 2007 übernommen. Greyhound betreibt mit dem kleineren Partner Peter Pan nebenher auch die derzeit wegen der Pandemie geschlossene Billiggesellschaft Boltbus und konkurriert in den USA neben dem – in Europa zu Flixbus gehörenden – großen Rivalen Megabus mit lokalen Anbietern wie dem New Yorker China Town Bus.
Anders als Flixmobility unterhält Greyhound eine eigene Busflotte mit rund 1300 Fahrzeugen. Die Fahrerinnen und Fahrer sind direkt beim Unternehmen angestellt. Die deutsche Plattform hingegen hat keine eigenen Busse oder Züge, sondern vermittelt in der Regel die Fahrten an externe Anbieter. Deren Fahrzeuge werden dann im grünen Flixbus-Design beklebt. Die Fahrer sind bei den Auftragnehmern beschäftigt.
Strategie für Greyhound bisher offen
Ob Flixmobility dieses Modell mittelfristig auch bei Greyhound einführen wird und was die Übernahme für die rund 2400 Beschäftigten bedeutet, blieb zunächst offen. Im Moment bleibe alles beim alten, beide Unternehmen arbeiteten getrennt voneinander, hieß es. «Mit einer über 100-jährigen Geschichte wissen wir, wie wertvoll die Marke Greyhound ist, und wir freuen uns darauf, in der Zukunft von der Erfahrung zu profitieren», erklärte Flixmobility.
Die Münchner befinden sich auf einem Expansionskurs. Seit der Marktliberalisierung 2013 dominiert Flixmobility nicht nur den deutschen Fernbusmarkt, sondern hat sich zu einem der größten Busnetzwerke in Europa entwickelt. Eigenen Angaben zufolge fährt Flixmobility über seine Buspartner inzwischen in 36 Ländern außerhalb der USA rund 2500 Ziele an.
Seit einigen Jahren macht der Konzern der Deutschen Bahn auch mit einem Fernverkehrsangebot auf der Schiene Konkurrenz. Auch hier soll der Marktanteil wachsen, befindet sich aber auf einem niedrigen Niveau.
Obwohl das Unternehmen sein Angebot während der Corona-Krise zweimal für mehrere Monate unterbrechen musste, hält es an den Wachstumszielen fest. Für Ende des Jahres ist der Markteintritt in Brasilien geplant. Im Juni sammelte der Konzern in einer weiteren Finanzierungsrunde 650 Millionen Dollar von Investoren ein. Mit dem Geld bezahlt Flixmobility nun auch die Übernahme in den USA.
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