Nach der deutlichen Kritik am aktuellen Kurs von Konzernchef Herbert Diess hat die VW-Betriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo weitere Verbesserungen im Management und in der Kommunikation gefordert.
Sie sehe bei den kolportierten Gerüchten zum Bedarf eines großen Stellenabbaus auch nach der jüngsten Betriebsversammlung noch nicht klar, sagte die im Aufsichtsrat sitzende Mitarbeitervertreterin dem «Handelsblatt» (Freitag/online). «Die Belegschaft fragt sich, was das Unternehmen auf den Tisch legen wird. Bislang liegt da nichts. Es gibt nach wie vor keine Anträge an uns, sich mit einem Personalabbau zu befassen. Und dazu sehen wir auch absolut keinen Anlass.»
Schon lange vor dem Streit hatte Cavallo nach ihrer Amtsübernahme im Frühjahr vermutet: «Da gibt es einige Themen, die nicht einfach sind, und die wir dieses Jahr verhandeln müssen.» Zuletzt ging sie Diess hart an, nachdem dieser eine Zahl von bis zu 30.000 womöglich bedrohten Jobs bei der VW-Kernsparte ins Spiel gebracht hatte.
Lieber konkrete Pläne
Sie frage sich, warum der Vorstandschef statt solcher als Provokation empfundener Vorstöße nicht lieber konkrete Pläne für die Werkbelegung vor dem Anlauf des E-Großprojekts Trinity in Wolfsburg bespreche. «Ich glaube schon, dass Herbert Diess die richtige Unternehmensstrategie formuliert hat», sagte Cavallo. «Jetzt aber geht es darum, sie umzusetzen.»
Seitdem der Manager Dirk Hilgenberg die Softwaresparte Cariad leite, «läuft es mit der Cariad viel besser», so die Betriebsratschefin. Aber: «Aus unserer Sicht könnte Cariad eine höhere Geschwindigkeit haben. Da müsste aus meiner Sicht auch Herr Diess mehr unterstützen.» Der Konzernchef bezeichnete den Ausbau der Software-Kompetenz wiederholt als eines der wichtigsten VW-Ziele. Der Manager Christian Senger, der Cariad zunächst aufgebaut hatte, war 2020 überraschend abberufen und später zum Entwicklungschef für das autonome Fahren gemacht worden. Cavallo sagte, es habe zuletzt kein funktionierendes Halbleiter-Management gegeben.
Beschäftigte sollen mitgenommen werden
Für den Stammsitz Wolfsburg gelte: «Alle Beschäftigten, die wir an Bord haben und demnächst nicht in Altersteilzeit gehen, müssen mitgenommen werden.» Cavallo glaubt, dass sich durch die neuen Antriebe und Technologien wegfallende Arbeit zu großen Teilen durch neue Tätigkeiten auffangen lässt. «Die menschenleere Fabrik wird es 2030 nicht geben und 2040 auch nicht.» Der Vorstand könne aber nicht eine mangelnde Anpassungsbereitschaft kritisieren, wenn gleichzeitig zugesagte E-Modelle aus der Planung oder an andere Standorte verlegt würden. Für Wolfsburg, wo bisher vor allem Golf und Tiguan entstehen, fordert der Betriebsrat mindestens ein weiteres Elektroprojekt.
«Die Kommunikationsform von Herrn Diess teile ich nicht», sagte Cavallo zu dessen angeblich unabgesprochenen Überlegungen. «Wenn es Themen gibt, bei denen er der Auffassung ist, dass wir abweichen müssen von unseren bisherigen Verabredungen, dann gehört das auf den Tisch, und zwar zuallererst dort, wo wir auch zusammenkommen.»
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