25. November 2024

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EU geht mit WTO-Verfahren gegen China vor

«Diskriminierend und illegal»: Mit deutlichen Worten verurteilt die EU die Handelspraktiken Chinas. Nun wird ein Verfahren gestartet, an dessen Ende Vergeltungsmaßnahmen stehen könnten.

Die EU geht mit einem neuen WTO-Verfahren gegen China vor. Grund sind Handelsbeschränkungen, die Peking nach einem diplomatischen Streit gegen das Mitgliedsland Litauen erlassen hatte.

Diese sind aus europäischer Sicht nicht dem den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) vereinbar und wirken sich auch auf andere Ausfuhren aus dem EU-Binnenmarkt aus. Betroffen sind auch deutsche Firmen, die aus Sorge vor möglichen Vergeltungsmaßnahmen Chinas aber nicht öffentlich darüber reden wollen.

«China animiert multinationale Unternehmen dazu, auf die Verwendung litauischer Komponenten bei ihrer Produktion zu verzichten, da sie ansonsten Einfuhrbeschränkungen ausgesetzt sein könnten», erklärte der zuständige EU-Kommissar Valdis Dombrovskis am Donnerstag. Bereits seit dem 1. Dezember sorge der chinesische Zoll zudem dafür, dass Waren aus Litauen nicht mehr auf den chinesischen Markt kämen. Gleichzeitig stornierten chinesische Unternehmen Bestellungen in Litauen. Zudem würden chinesische Exporte nach Litauen eingeschränkt.

Exporte stecken fest

Nach Angaben des Bundesverbands der Deutschen Industrie bleiben derzeit deutsche Exporte in die Volksrepublik mit Zulieferprodukten aus Litauen an der Grenze stecken und erreichen selbst deutsche Joint-Venture-Betriebe in China nicht.

Als Grund für das chinesische Vorgehen wird vermutet, dass Litauen seine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan ausgebaut hat, indem es Taiwan ermöglichte, in der litauischen Hauptstadt Vilnius eine Repräsentanz unter eigenem Namen zu eröffnen. China reagierte darauf erbost, weil es das demokratische Taiwan als abtrünnige Provinz und nicht als unabhängigen Staat ansieht.

China weist Vorwürfe zurück

Den Vorwurf, dass es das baltische Land mit Handelsbeschränkungen abstraft, weist Peking zurück. Die Vorhaltungen seien «unbegründet und widersprechen den Tatsachen», sagte Zhao Lijian, ein Sprecher des Pekinger Außenministeriums. Es handele sich um eine rein politische und nicht um eine wirtschaftliche Auseinandersetzung. Zhao sprach zudem von einer «bilateralen Angelegenheit» zwischen China und Litauen.

«Wir hoffen, dass die EU richtig von falsch unterscheidet und wachsam gegenüber Litauens Versuch bleibt, die Beziehungen zwischen China und der EU als Geisel zu nehmen», sagte er. Litauen sollte wieder auf den «richtigen Weg zurückkehren» und am Ein-China-Prinzip festhalten, wonach Taiwan und China zusammengehören.

Als erster Schritt in dem WTO-Verfahren sind nun Konsultationen mit China vorgesehen. Sollten diese von Peking verweigert werden oder scheitern, könnte die EU den Fall vor ein Schiedsgericht bringen. Dieses wiederum könnte es der EU dann erlauben, Vergeltungsmaßnahmen wie Strafzölle auf chinesische Einfuhren zu verhängen.

Hoffnung für Litauen

Ein Nachteil für Litauen ist allerdings, dass sich ein mögliches Schiedsgerichtsverfahren mindestens bis ins kommende Jahr ziehen würde und die Folgen der chinesischen Maßnahmen zuletzt enorm waren. So wies die chinesische Zollstatistik nach EU-Angaben im Dezember einen Rückgang des Handels zwischen Litauen und China um 91 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat aus.

Der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis zeigte sich über das EU-Verfahren dennoch erfreut. «Wir begrüßen die Entscheidung der Europäischen Kommission, im Namen der EU Konsultationen mit China aufzunehmen.» Die EU habe die klare Botschaft an China gesendet, dass sie einen politisch motivierten wirtschaftlichen Zwang nicht tolerieren werde.

Hoffen kann Litauen zudem, dass die laufenden Arbeiten der EU an einem neuen Instrument für handelspolitische Vergeltungsmaßnahmen schnell abgeschlossen werden können. Es würde die Kommission ermächtigen, zum Beispiel Handels- oder Investitionsbeschränkungen gegen Drittländer zu erlassen, die in unzulässiger Weise in die politischen Entscheidungen der EU oder der Mitgliedstaaten eingreifen.

Von Ansgar Haase, Jörn Petring und Alexander Welscher, dpa