Der erste Schock des russischen Angriffs auf die Ukraine scheint an den Börsen vorerst überwunden. Nach zunächst nur leichten Gewinnen setzte der Dax im Tagesverlauf zu einer deutlichen Erholung an.
Auftrieb kam vor allem am Nachmittag nach Aussagen aus dem Kreml, dass Russland zu Verhandlungen mit der Ukraine bereit sei. Zuvor bereits hatte gestützt, dass Russland sagte, es setze den Gastransit nach Europa fort.
Der deutsche Leitindex zog zuletzt um 3,21 Prozent auf 14.502,55 Punkte hoch, nachdem er tags zuvor noch zeitweise auf den tiefsten Stand seit einem Jahr gesackt war. Im Verlauf der turbulenten Woche zeichnet sich aktuell ein Minus von 3,6 Prozent ab.
Der MDax der mittelgroßen Werte gewann am Freitag 3,76 Prozent auf 31.816,32 Punkte und auch europaweit wurden deutliche Erholungsgewinne verbucht. Die US-Börsen, die bereits am Vorabend ins Plus gedreht waren, dürften zudem mit Gewinnen in den Handel starten.
Marktbeobachter Timo Emden erinnerte an den unter Anlegern bekannten Spruch, dass politische Börsen «kurze Beine haben». Außerdem werde wohl gehofft, dass die US-Währungshüter ihre ab März geplanten Zinsschritte womöglich doch noch in letzter Minute verschieben könnten. Ebenfalls sei es schwer vorstellbar, «dass die EZB in den kommenden Monaten Zinserhöhungen signalisiert.» Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners sieht die derzeit überdurchschnittlichen Marktschwankungen überdies als Teil der neuen Normalität an den Börsen.
Das Thema Energieversorgung in Deutschland und ganz Europa und die angesichts des Ukraine-Krieges verstärkten Forderungen nach Energiesicherheit machten die Aktien von RWE zum Dax-Favoriten. Sie zogen um 7,0 Prozent an, Eon legten um 4,0 Prozent zu und im MDax machten Uniper mit plus 11,5 Prozent die heftigen Vortagesverluste weitgehend wett. Spekulationen über eine Verlängerung der Laufzeiten von Kohlekraftwerken zur vorübergehenden Deckung von Defiziten machten die Runde. Gleichzeitig dürfte die Politik den Ausbau der Erneuerbaren Energien forcieren, während die bereits vor Kriegsausbruch hohen Strom- und Gaspreise zunächst weiter steigen dürften.
Für die Aktien von VW und der Holdinggesellschaft Porsche ging es um jeweils 5,0 Prozent hoch, denn die obersten Gremien des VW-Konzerns stimmten einem Börsengang der Sportwagentochter Porsche AG zu. Die Umsetzbarkeit wird nun konkret geprüft. Die Anteile des Chemieunternehmens BASF büßten indes nach Jahreszahlen 1,2 Prozent ein.
Im MDax gewannen die Papiere des Mobilfunk-Anbieters Freenet nach am Vorabend vorgelegten Quartalszahlen knapp 7 Prozent. Jefferies-Analyst Ulrich Rathe hob die starke Profitabilität im vierten Quartal und den zuversichtlichen Ausblick von Freenet positiv hervor.
Secunet schossen im SDax um etwas mehr als 18 Prozent nach oben. Im aktuell sehr unsicheren geopolitischen Umfeld profitierten die Papiere des IT-Sicherheitsspezialisten vom Bedarf nach Schutz vor Cyberangriffen. Die Aktien der Rüstungsunternehmen Rheinmetall und Hensoldt bauten zudem ihre deutlichen Vortagesgewinne kräftig aus.
Der Kurs des Euro zog wieder an und stieg über 1,12 US-Dollar. Am Nachmittag kostete die Gemeinschaftswährung 1,1225 Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Donnerstag auf 1,1163 Dollar festgesetzt. Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 0,03 Prozent am Vortag auf 0,06 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,14 Prozent auf 141,84 Punkte. Der Bund-Future verlor 0,40 Prozent auf 166,00 Punkte.
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