Es gilt als scharfes Sanktionsschwert, doch noch ziehen es Amerikaner und Europäer nicht: Ein Ausschluss Russlands aus dem Swift-System, über das Banken bei internationalen Zahlungen Daten abgleichen.
Die Bundesregierung hat ihr Nein zu einem Ausschluss Russlands aus dem internationalen Bankeninformationssystem Swift verteidigt. «Eine Aussetzung von Swift wäre technisch aufwendig vorzubereiten, hätte auch massive Auswirkungen auf den Zahlungsverkehr in Deutschland und für deutsche Unternehmen im Geschäft mit Russland», sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin.
Deutschland sei beim EU-Gipfel in der Nacht zu Freitag mit seinen Bedenken auch nicht alleine gewesen. «Ich habe wahrgenommen, dass unter anderem Frankreich und Italien auch Einwände erhoben haben.»
Swift («Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication») ist kein Zahlungsverkehrssystem, sondern ein internationales Netzwerk zum Austausch elektronischer Informationen. Jeder an das System angeschlossene Teilnehmer hat eine eigene Swift-Adresse, den Bank Identifier Code, kurz BIC. Anhand dieser internationalen Bankleitzahl sind Kreditinstitute eindeutig identifizierbar.
Das Swift-System stellt auf diesem Wege zum Beispiel sicher, dass Auslandsüberweisungen auf dem richtigen Konto eingehen. Mehr als 11.000 Teilnehmer in über 200 Ländern nutzen den Dienst, vor allem Banken, aber auch Wertpapierfirmen und große Konzerne. Täglich werden über das Swift-System Millionen von Nachrichten verarbeitet und milliardenschwere Geldsummen rund um den Globus geschickt.
Können Banken Swift nicht mehr nutzen, kann dies weitreichende Folgen für ihre Geschäfte haben. Denn die Institute sind dann quasi von internationalen Geldströmen ausgeschlossen. Geld aus dem Ausland in ein Land zu transferieren wird dann schwieriger, umgekehrt genauso. Das kann Warenströme bremsen, weil Firmen dann nicht mehr in der Lage sind, Importe zu bezahlen oder Einnahmen für Exporte zu verbuchen.
«Ein Abkoppeln vom Swift-System würde Russland praktisch vollständig von weiten Teilen der Weltwirtschaft isolieren», ordnet Stefan Kooths, Vizepräsident und Konjunkturchef des Instituts für Weltwirtschaft (IfW/Kiel), ein. «Das wäre wirtschaftlich das schärfste Schwert.»
Bankenvertreter weisen darauf hin, dass wegen der von den USA und der Europäischen Union verhängten Sanktionen gegen Russland bereits gezielt Geschäfte unterbunden werden. Käme ein Swift-Ausschluss hinzu, wäre jeglicher Nachrichtenaustausch mit Banken in Russland pauschal blockiert – ganz egal, ob es um humanitäre Fragen geht, um Miet- oder Gehaltszahlungen oder die Rohstofflieferung ins Ausland.
Die «Süddeutsche Zeitung» zitierte den Finanzökonomen Moritz Schularick mit der Forderung: «Der Westen sollte Russland von Swift und dem internationalen Finanzsystem ausschließen.» Man habe im Fall Irans gesehen, wie effektiv das sei. Das Land könne sein Öl nicht mehr verkaufen.
Im Streit um das iranische Atomprogramm hatte die Europäische Union im März 2012 den Finanzdienstleister Swift angewiesen, keine Überweisungen an iranische Banken mehr vorzunehmen – ein bis dato einmaliger Vorgang. Im Januar 2016 wurden diese Iran-Sanktionen aufgehoben, europäische Banken hielten sich bei der Zusammenarbeit mit dem Land aber zunächst zurück. Im November 2018 sperrte Swift wegen neuer US-Sanktionen gegen Iran erneut bestimmten iranischen Banken den Zugang zu dem Datenaustausch-System.
Ohne Swift-Zugang ziehen sich grenzüberschreitende Abrechnungen länger hin und verteuern sich, denn das Überprüfen und Abgleichen von Transaktionen wird aufwendiger. Um Nachrichten zu Zahlungen auszutauschen, müssen Bankmitarbeiter dann möglicherweise zum Telefon greifen, Faxe verschicken oder per Video miteinander kommunizieren. Swift-Nachrichten dagegen werden automatisiert weiterverarbeitet.
Schon nach Russlands Annexion der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim 2014 waren Forderungen laut geworden, Russland von Swift auszuschließen. Seither bereitet sich die Führung des Landes deshalb auf einen solchen möglichen Schritt vor und hat etwa das russische Äquivalent SPFS geschaffen, auf das Banken ausweichen können.
Experten halten es zudem für denkbar, dass Bitcoin und Co. als Zahlungsinfrastruktur genutzt würden. «Falls Swift abgeschaltet wird, würde nach anderen Wegen geschaut, um Transaktionen auszuführen, etwa mittels Kryptowährungen», sagte Bernd Richter vom US-amerikanischen IT- und Zahlungsdienstleister FIS der «Börsen-Zeitung». In so einem Fall könnte zumindest ein Teil der Transfers Richtung Russland in einen eher unregulierten Teil des Marktes abwandern.
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