Neben starken Nerven brauchen Aktionäre der Deutschen Lufthansa nach zwei Jahren Corona-Krise vor allem Geduld.
Wenn Konzernchef Carsten Spohr am Dienstag (10.00 Uhr) vor die Eigentümer tritt, hat er anstelle einer konkreten Gewinnprognose vor allem die Hoffnung auf bessere Zeiten im Gepäck. Bei der erneut online abgehaltenen Hauptversammlung werden die Aktionäre das dritte Jahr in Folge ohne Dividende auskommen müssen. Der hohe Schuldenstand und ein großer Investitionsbedarf setzen dem MDax-Konzern zudem enge Grenzen für die kommenden Jahre.
«Nach zwei Jahren Pandemie lassen wir die Krise heute mental hinter uns und blicken gestärkt in die Zukunft», lautet der zentrale Satz in Spohrs bereits vorab veröffentlichter Rede. Man sei besser durch die Krise gekommen als die meisten Wettbewerber und habe die Pandemie genutzt, um neue Stärken zu entwickeln. Das Flugangebot wurde stärker auf Privatreisende ausgerichtet. Der Multi-Marken-Konzern ist nach dem Abbau von rund 36.000 Stellen schlanker und flexibler geworden und prüft im Fall der Altitalia-Nachfolgerin ITA sogar eine Übernahme.
Forderung nach glaubwürdiger Strategie beim Klimaschutz
«Die Herausforderung in den kommenden Jahren besteht nun darin, die Schulden zurückzubezahlen und gleichzeitig in eine effizientere und umweltfreundliche Flotte zu investieren», erklärt der Nachhaltigkeitsexperte der Fondsgesellschaft Union Invest, Henrik Pontzen, und verlangt eine glaubwürdige Strategie zur klimagerechten Transformation. Ähnlich sieht es Deka-Vertreter Ingo Speich: «Erst Corona, dann der Krieg in der Ukraine: Lufthansa ist seit zwei Jahren im Dauerkrisenmodus. Dennoch sollte das Management auch der dritten Krise unserer Zeit, dem Klimawandel, aktiv entgegentreten.»
Im zweiten Corona-Jahr 2021 sei man von einem normalen Geschäftsjahr noch weit entfernt gewesen, schildert Spohr. Unter dem Strich verringerte sich der Verlust auf rund 2,2 Milliarden Euro. Hier wirkte vor allem der Rekordgewinn der Logistiktochter Lufthansa Cargo dämpfend. Der Umsatz erholte sich um ein Viertel auf 16,8 Milliarden Euro, erreichte damit aber nicht einmal die Hälfte des Vorkrisenjahres 2019. Im vergangenen Jahr begrüßte der Konzern rund 47 Millionen Fluggäste – rund 29 Prozent mehr als im ersten Corona-Jahr, aber fast 100 Millionen weniger als 2019. Eine konkrete Gewinnprognose für dieses Jahr traute sich der Konzern auch nach dem ersten Quartal nicht zu.
Klar ist hingegen, dass Lufthansa beim Neustart einen gewaltigen Schuldenballast an Bord hat. Zwar wurden 2021 die deutschen Staatshilfen getilgt, doch auf der anderen Seite auch viele neue Mittel auf dem Kapitalmarkt aufgenommen. Die Konzernkreditverschuldung ist in der Bilanz 2021 auf 16,7 Milliarden Euro gewachsen. Die Nettofinanzverschuldung betrug 14,4 Milliarden Euro. Die Investitionen insbesondere in neue Flugzeuge konnte Lufthansa im vergangenen Jahr nicht aus dem eigenen Cashflow bezahlen, plant aber nicht zuletzt wegen der günstigeren CO2-Werte eine Ausweitung.
Für die Aktionäre bedeutet das voraussichtlich weitere schmale Jahre. Solange der Wirtschaftsstabilisierungsfonds des Bundes mit an Bord ist, darf ohnehin keine Dividende gezahlt werden. Der Bund ist verpflichtet, seine Anteile bis Oktober 2023 zu verkaufen, was immer wieder auf den Börsenkurs drücken dürfte. Als Vorgeschmack für weitere Kapitalerhöhungen schlägt das Unternehmen den Aktionären zudem vor, den Rahmen der Kapitalbevorratung deutlich auszuweiten.
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