Wer Zug fährt, spart laut Umweltbundesamt (UBA) ein Vielfaches an CO2 im Vergleich zum Auto oder Flugzeug. Nur Fern-, und Reisebusse können demnach bei den niedrigen Emissionen pro Personenkilometer mithalten.
Im Nahverkehr wiederum sind lediglich Fahrradfahrer und Fußgänger umweltfreundlicher unterwegs. Es ist also angesichts der Klimakrise ein richtiges und wichtiges Ziel, dass möglichst viele Menschen und Güter auf der Schiene unterwegs sind.
Trotzdem verursacht auch der Bahnverkehr jedes Jahr große Mengen an Treibhausgasen. 18,5 Millionen Tonnen betrug der CO2-Ausstoß laut Geschäftsbericht im vergangenen Jahr allein beim Gesamtkonzern Deutsche Bahn. Das sind immerhin rund 2,4 Prozent des gesamten Treibhausgasausstoßes in Deutschland, den das UBA für das Jahr 2021 ermittelt hat. Noch immer sind viele Dieselloks im Einsatz, Tausende Schienenkilometer haben keine elektrische Oberleitung. Und auch wenn der Konzern mit 100 Prozent Grünstrom im Fernverkehr wirbt, findet sich im Gesamtstrommix nach wie vor Gas und Kohle. Es gibt also Nachholbedarf.
Welche Energie nutzt die Deutsche Bahn?
Das zeigen auch Zahlen der Londoner Nichtregierungsorganisation Carbon Disclosure Project (CDP). Die Organisation erstellt jedes Jahr auf Basis umfassender Umfragen ein Ranking großer Industriekonzerne mit Blick auf deren Emissionen und Umweltdaten. Demnach habe sich die Bahn zwar dazu bekannt, ihre Klimaziele auf den im Pariser Klimaabkommen festgelegten 1,5-Grad-Pfad auszurichten, teilte CDP auf Anfrage mit. Doch mit den aktuellen Zielen sei sie derzeit noch auf einem 2-Grad-Pfad unterwegs. Das hat verschiedene Gründe.
Die Bahn gehört in Deutschland zu den größten Stromverbrauchern. Rund zehn Terawattstunden sind es eigenen Angaben zufolge jedes Jahr. Das ist demnach in etwa so viel wie die Stadt Hamburg jährlich verbraucht. Laut Bahn stammen inzwischen zwar rund 62 Prozent des Gesamtstroms aus Erneuerbaren Energien (EE). Doch mehr als 20 Prozent wurden laut Geschäftsbericht im vergangenen Jahr nach wie vor aus Braun- und Steinkohle gewonnen. Der Erdgas-Anteil lag bei 6,3 Prozent. Und mit fast elf Prozent spielte auch Kernenergie eine Rolle – auch wenn dieser Anteil mit dem Abschalten der letzten Atomkraftwerke in Deutschland ab dem kommenden Jahr auf Null sinken soll.
Bis 2038 will die Bahn 100 Prozent des Gesamtstrommixes aus Erneuerbaren Energien beziehen. Im Fernverkehr sei das jetzt schon der Fall, heißt es. Doch aus Sicht von Fachleuten ist das vor allem Marketing. Die Kritik: Die Bahn kauft bereits vorhandenen Grünstrom über sogenannte Herkunftsnachweise am Markt, anstatt etwa mit dem Bau eigener EE-Anlagen zusätzliche Kapazitäten zu schaffen.
DB: Wasserkraft wird seit über 100 Jahren genutzt
«Dass sich die Bahn Anteile an Erneuerbaren Energien bilanziell zuordnet, ist rechtlich natürlich legitim», sagte Dominik Seebach, Energie- und Klimaforscher am Öko-Institut, einem privaten Umweltforschungsinstitut. «Unsere Empfehlung ist aber immer, im Rahmen der eigenen Möglichkeiten auch den Anteil der Erneuerbaren insgesamt weiter zu erhöhen und zu fragen: Wie und wo kann ich dazu beitragen, dass neue EE-Anlagen gebaut werden?» Hier lasse die Bahn bisher noch viel Potenzial ungenutzt.
Das sieht der Konzern anders. «Die Deutsche Bahn betreibt keine eigenen Kraftwerke, sondern verfügt über Lieferverträge, sogenannte Power Purchase Agreements (PPA) und engagiert sich so für den Ausbau dieses neuen Marktes», teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. «Die Hochsee-Windparks Nordsee-Ost und Amrumbank-West, Festland-Windparks und Photovoltaik-Parks in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern liefern Ökostrom an die DB.» Teilweise schon seit über 100 Jahren lieferten zudem Wasserkraftwerke an Rhein, Mosel, Ruhr, Main, Donau, Lech, Isar, Inn und vom Eder- und Schluchsee nachhaltige Energie an die Bahn.
Andere Branchenkenner sehen zudem nicht nur das Unternehmen in der Pflicht. «Zu sagen, echter Ökobahnstrom ist es nur dann, wenn die Bahn eigene Wind- oder Solar-Anlagen baut – das ist das Optimum», sagte Dirk Flege, Geschäftsführer des Interessenverbands Allianz pro Schiene. «Das alles bei einem Unternehmen abladen zu wollen, halte ich für sehr ambitioniert und zu anspruchsvoll.»
Immerhin haben Wettbewerber vor allem im Regional- und Güterverkehr in den vergangenen Jahren deutliche Marktanteile hinzugewonnen. Der Ausbau Erneuerbarer Energien sei daher eine Aufgabe für den gesamten Sektor und nicht nur für ein einzelnes Unternehmen, sagte Flege. Für ihn sind es andere Stellschrauben, an denen auch der Bund drehen muss, um die gesamte Branche noch klimafreundlicher zu machen: «Wir brauchen vor allem mehr Oberleitungen.»
Wie viel Prozent des Schienennetzes sind elektrifiziert?
Schon lange fordert die Allianz pro Schiene mehr Tempo bei der Elektrifizierung von Strecken. 2020 waren laut Bundesregierung 61 Prozent des deutschen Schienennetzes elektrifiziert. Darüber laufen nach Bahnangaben rund 90 Prozent des Personen- und Güterverkehrs.
Doch vor allem an den Grenzen Richtung Osteuropa gibt es kaum Oberleitungen. «Wenn Sie stets eine Diesellok vor einen Güterzug spannen müssen, wenn Sie über die Grenze in ein Nachbarland fahren, dann sind Sie preislich aus dem Rennen raus. Das ist einer der Gründe, warum so viele osteuropäische Lkw in Deutschland unterwegs sind», sagte Flege. Das müsse sich ändern. Auch alternative Antriebe wie Hybrid-, oder Zwei-Kraft-Loks könnten nur als Brückentechnologie dienen.
Mit Blick auf die übrige Infrastruktur bleibt aus Sicht von Fachleuten ebenfalls noch viel zu tun. Immer wieder entzündet sich Kritik an verschiedenen Bauvorhaben des Konzerns. Auf den Bahnhöfen könnten wiederum deutlich mehr Solarzellen installiert werden als bislang, heißt es. Doch trotz all dieser Baustellen ist für alle angefragten Fachleute klar: Im Vergleich zum Auto und zum Flugzeug ist der Zug die klimafreundlichere Empfehlung. Für eine nachhaltige Verkehrswende brauche es die Bahn.
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