Für wachsende Teile der Weltbevölkerung werden nach Einschätzung der Munich Re die mit dem Klimawandel in Verbindung gebrachten Schäden und Katastrophen spürbar.
In der ersten Jahreshälfte fielen die weltweiten Schäden nach Analyse des Rückversicherers im Langzeitvergleich zwar wesentlich geringer aus als ein Jahr zuvor. Doch gab es auf mehreren Kontinenten auffällige Wetterextreme, wie das Unternehmen am Donnerstag in München mitteilte.
Im ersten Halbjahr verursachten Naturkatastrophen demnach rund um den Erdball volkswirtschaftliche Gesamtschäden von 65 Milliarden Dollar, 40 Milliarden weniger als in der sehr schadenreichen ersten Jahreshälfte 2021. «Es ist insgesamt im langjährigen Vergleich kein herausragendes Schadenjahr», sagte der Leiter der Geoforschung des Unternehmens, Ernst Rauch. «Aber es gab regionale Extreme, die auf der Schadenseite zu neuen Spitzenwerten geführt haben. Das ist insbesondere in Australien der Fall.»
Dort summierten sich die Gesamtschäden schwerer Überschwemmungen auf 6,6 Milliarden Dollar – eine höhere Summe ist zu erwarten, da es im Juli neuerliche Fluten gab. «Die Schäden werden am Ende des Jahres noch größer sein», sagte Rauch.
«Wir haben meteorologische Auffälligkeiten, Stichwort Hitzewelle in Europa», sagte der Wissenschaftler. «Am Ende sind das sehr starke Indizien, dass der Klimawandel nicht nur ein wissenschaftliches Thema ist, sondern im Alltag vieler Menschen erfühlbar wird.»
Hitzewellen, Stürme, Hochwasser – Gefahren sind vielfältig
Zur aktuellen Hitze und Trockenheit verwies Rauch auf den Trend steigender Temperaturen bei zurückgehenden sommerlichen Regenmengen in Mitteleuropa. Die jährlichen Mitteltemperaturen in weiten Teilen Europas sind seit Beginn der systematischen Aufzeichnungen Ende des 19. Jahrhunderts um mehr als 1,5 Grad gestiegen. Hitze, Dürre und Waldbrände treten laut Munich Re-Datenbank auch in vielen anderen Regionen der Welt häufiger auf.
Die Munich Re dokumentiert und analysiert seit Jahrzehnten die von Naturkatastrophen weltweit angerichteten Schäden, da dies für die Risikoberechnungen von großer Bedeutung ist. «Im Grunde steigen die Schäden durch Naturkatastrophen weltweit, aber es ist nicht so, dass es in jeder Region der Welt bei jeder Gefahr eine klare Richtung gibt.»
Als Beispiel nannte Rauch tropische Wirbelstürme – Hurrikane, Taifune und Zyklone. «Deren Häufigkeit hat im Nordatlantik zugenommen, aber im Südpazifik war die Anzahl rückläufig.»
An der US-Ostküste und in der Karibik könnte die laufende Hurrikansaison heftiger ausfallen als üblich. «Im Nordatlantik erwarten wir wie alle Forschungsinstitute ein überdurchschnittlich aktives Jahr, was die Häufigkeit der Stürme betrifft», sagte Rauch. «Im langjährigen Mittel gibt es im Nordatlantik elf benannte Stürme, in den vergangenen Jahren waren es im Schnitt 14.» Die Erwartung für dieses Jahr: 18 plus/minus drei.
Grund ist laut Munich Re die natürliche Klimaschwankung ENSO, («El Niño südliche Oszillation»). Derzeit herrschten so genannte La Niña-Bedingungen, die die Bildung von Hurrikanen begünstigen.
Die USA werden ohnehin überdurchschnittlich häufig von Naturkatastrophen getroffen. Im ersten Halbjahr beliefen sich die volkswirtschaftlichen Schäden dort auf 28 Milliarden Dollar, über 40 Prozent der weltweiten Summe. Den Großteil davon verursachten Schwergewitter und Tornados.
Der Weltklimarat IPCC hatte vor einigen Monaten an die Versicherer appelliert, ihre Schadenberechnungen für Naturkatastrophen zu überprüfen. «Das frühe Verstehen des Klimawandels ist für uns essenziell», sagte Rauch. «Wir passen unsere Risikomodelle und unser gesamtes Risikomanagement kontinuierlich an wissenschaftliche Erkenntnisse an.»
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