Bis 2030 sollen europaweit rund eine halbe Million Güterwaggons mit einem neuen digitalen Kupplungssystem ausgestattet werden – die derzeitigen Werkstattkapazitäten bei den europäischen Bahnunternehmen reichen dafür aber nicht aus. Die Deutsche Bahn experimentiert deshalb mit mobilen Werkstatt-Zelten, sogenannten Pop-up-Werkstätten. Mit ihnen können die Güterwaggons in der Nähe ihrer Einsatzorte, etwa bei Industriekunden, in kurzer Zeit und während des laufenden Betriebs umgerüstet werden.
«Wir stellen die Werkstätten dort hin, wo unsere Kunden sind und können die Wagen so direkt vor Ort umrüsten», sagte Andreas Lipka, der bei der Bahn-Tochter DB Cargo verantwortlich ist für die Umrüstung der Güterwagen auf die neue Kupplung. «Der Kunde kriegt dabei kaum etwas mit, weil sie nach der Umrüstung sofort wieder für seine Verkehre eingesetzt werden können.» Eine dieser Werkstätten testet die Bahn derzeit in der Nähe vom Mercedes-Werk in Bremen.
Pop-up-Einsätze in ganz Europa
150 Pop-up-Einsatzorte will der Konzern mit den Partnerunternehmen in ganz Europa aufstellen. Innerhalb weniger Wochen könnten während der heißen Phase insgesamt 100.000 Güterwaggons mit der neuen Kupplung ausgestattet werden, sagte Lipka. Die übrigen 400.000 Waggons würden dann nach und nach in den normalen Werkstätten umgerüstet. Voraussetzung: Die Waggons müssten bereits ab dem nächsten Jahr im laufenden Wartungsbetrieb «vorgerüstet» werden. In Pop-up-Werkstätten sind laut Lipka dann nur noch einige Handgriffe notwendig.
Die Digitale Automatische Kupplung (DAK) gilt als Hoffnungsträger für den europäischen Schienengüterverkehr. Nur in Europa werden Güterwaggons wie schon vor mehr als 100 Jahren noch per Hand aneinander gekuppelt. Dafür muss ein 20 Kilogramm schwerer Stahlbügel über den Haken des nächsten Waggons gewuchtet und gespannt werden. Stunden können so vergehen, bis ein Zug zur Abfahrt bereit ist.
Umsetzung ist teuer – und dauert
Mit der DAK soll diese Praxis künftig automatisch ablaufen, ein Zug also innerhalb von Minuten durchgekuppelt sein. Ein Datenkabel soll Informationen über Inhalt oder Gewicht transportieren. Die Züge sollen so deutlich effizienter zusammengestellt werden. Der Güterverkehr auf der Schiene würde im Vergleich zur Straße konkurrenzfähiger.
Doch bis die Kupplung zum Einsatz kommt, vergehen noch Jahre. Derzeit wird die Technik an einem Testzug auf Herz und Nieren geprüft. Mit den vorbereitenden Arbeiten an den Waggons kann laut Bahnindustrie erst im kommenden Jahr begonnen werden. Gerungen wird auch ums Geld. Der Umbau der europäischen Waggonflotte könnte bis zu 8,6 Milliarden Euro kosten. Die Unternehmen setzen auf Fördermittel der EU, doch die Kommission sieht auch die Länder und die Branche in der Pflicht.
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