4. Dezember 2024

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Ex-EZB-Präsident: Inflation wieder unter Kontrolle bringen

Ex-EZB-Präsident: Inflation wieder unter Kontrolle bringen

Acht Jahre lang hatte er selber für stabile Preise im Euroraum zu sorgen. Dass die Inflation derzeit so hartnäckig ist, macht ihm Sorge. Doch Jean-Claude Trichet sieht die EZB auf dem richtigen Kurs.

Der ehemalige EZB-Präsident Jean-Claude Trichet sieht die anhaltend hohe Inflation im Euroraum mit Sorge. «Ich bin besorgt. Die Inflation muss unbedingt wieder unter Kontrolle gebracht werden», sagte Trichet der Deutschen Presse-Agentur in Frankfurt. «Wir haben in den 1970er Jahren eine Phase erlebt, in der wir die Kontrolle über die Inflation verloren haben. Wir wissen, was es kostet, die Kontrolle über die Inflation zu verlieren. Das müssen wir vermeiden.»

Trichet, der von 1. November 2003 bis 31. Oktober 2011 Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) war und am 20. Dezember seinen 80. Geburtstag feiert, mahnte: «Es ist von entscheidender Bedeutung, eine katastrophale Entfesselung des Inflationsdrucks in Europa wie auch in den anderen fortgeschrittenen Volkswirtschaften zu verhindern.» Trichet betonte: «Die Inflation ist nicht vorübergehend.» Daher sei Wachsamkeit der Zentralbank notwendiger denn je.

«Alle Zentralbanken haben zu spät reagiert»

Die EZB mit Sitz in Frankfurt strebt für den Euroraum mittelfristig Preisstabilität bei zwei Prozent Teuerung an. Im Oktober lagen die Verbraucherpreise im Währungsraum der 19 Länder um 10,6 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Im November sank die Inflation im Euroraum ersten Berechnungen des Statistikamtes Eurostat vom Mittwoch zufolge von diesem Rekordniveau überraschend deutlich auf 10,0 Prozent.

«Offensichtlich haben ausnahmslos alle Zentralbanken meiner Meinung nach zu spät reagiert, auch die Fed und die EZB», sagte Trichet. Dafür gibt es seiner Meinung nach eine Reihe von Gründen: Unter anderem habe sich nach einer Periode sehr niedriger Inflation die Ansicht verfestigt, dass die Teuerung niedrig bleiben würde.

Zudem hätten sich Zentralbanken an einen langfristigen Ausblick ihrer Geldpolitik, die sogenannte Forward Guidance, gebunden. Die EZB zum Beispiel hatte sich darauf festgelegt, die Leitzinsen im Euroraum erst wieder zu erhöhen, nachdem sie die Nettokäufe von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren eingestellt hat. «Daher war ein Richtungswechsel um 180 Grad schwierig», sagte Trichet.

«EZB hat getan, was getan werden musste»

An der Entschlossenheit der Notenbanken, die Teuerung einzudämmen, hat Trichet keinen Zweifel. Die US-Notenbank Fed und EZB hätten bewiesen, dass sie nach jahrelang sehr expansiver Geldpolitik inklusive milliardenschwerer Anleihenkäufe in der Lage seien, umzusteuern.

«Die Europäische Zentralbank hat den Marktteilnehmern, Anlegern und Sparern gezeigt, dass sie den allgemeinen Inflationsdruck sehr ernst nimmt. Die EZB hat ein klares Bekenntnis zu ihrem Ziel abgegeben: Preisstabilität auf mittlere Sicht bei einer Inflationsrate von zwei Prozent im Euroraum.» Die beiden jüngsten, historisch hohen Zinserhöhungen im Euroraum um jeweils 0,75 Prozentpunkte seien aus seiner Sicht «völlig gerechtfertigt» gewesen, lobte Trichet.

«Die EZB hat getan, was getan werden musste, und meiner Meinung nach wird sie auch weiterhin tun, was nötig ist. Daher bin ich zuversichtlich, dass der Euroraum in drei Jahren zu seiner Definition von Preisstabilität zurückkehren wird.» Trichet betonte: «Die Leistungen, die die EZB in fast einem Vierteljahrhundert erbracht hat, sind der Garant für die Glaubwürdigkeit der EZB und die Klarheit ihres EZB-Rates.»

Interview: Jörn Bender und Friederike Marx, dpa