Der Bundesgerichtshof (BGH) hat seine Rechtsprechung zu Zinsnachzahlungen für Prämiensparer präzisiert und weitere Vorgaben gemacht. Die höchsten deutschen Zivilrichter urteilten am Dienstag über eine erneute Musterklage der Verbraucherzentrale Sachsen. Diese versucht, Ansprüche von Kunden gegen mehrere Sparkassen durchzusetzen.
Viele Prämiensparverträge, die in den 90er und 2000er Jahren abgeschlossen wurden, enthielten eine unzulässige Klausel. Vor allem Sparkassen-Kunden könnten deshalb Tausende Euro an Zinsen entgangen sein, aber auch Volks- und Raiffeisenbanken sind betroffen. Die Klauseln berechtigten die Kreditinstitute, einseitig weitgehend frei den Zinssatz anzupassen. Das geht nicht, hatte der BGH schon in früheren Urteilen entschieden.
Im nun vorliegenden Fall der Sparkasse Vogtland wies der BGH die Sache an das OLG Dresden zurück, das den für die genaue Berechnung der Ansprüche maßgeblichen Referenzzinssatz mit sachverständiger Hilfe festlegen soll. Zur Verfahrensbeschleunigung könne das Gericht dabei auf ein Gutachten aus einem anderen Verfahren zurückgreifen. Darüber hinaus entschied der BGH, dass die Zinsanpassungen unter Beibehaltung des anfänglichen relativen Abstands des Vertragszinssatzes zum Referenzzinssatz (Verhältnismethode) vorzunehmen sind.
Die Verbraucherzentrale sieht einen weiteren Etappensieg für Prämiensparer: «Die Tendenz geht Richtung Verbraucher», sagte deren Rechtsexperte Michael Hummel. Der BGH-Anwalt der Sparkasse sah in dem Urteil hingegen «in der Sache nichts Neues».
Die Klage war weitgehend identisch mit einer im Oktober 2021 vom BGH entschiedenen Sache. Schon damals hatten die Richter Sparern Rückenwind für Nachforderungen gegeben. Dem BGH liegen zu den Komplex rund 20 Klagen vor.
Zwar hat nicht jeder Sparer, dessen Vertrag eine solche unzulässige Klausel enthält, automatisch weniger Zinsen bekommen, als ihm zustanden. In vielen Fällen sei das aber so; Geld zurück hätten die wenigsten Kunden bekommen, so die Verbraucherschützer. Im Schnitt könnten nach deren Berechnung Sparern rund 2500 Euro zu wenig ausbezahlt worden sein. Angesichts von 1,2 Millionen Verträgen bundesweit könnte demnach ein Schaden in Höhe von rund drei Milliarden Euro entstanden sein.
Verbraucherschützer werfen den Sparkassen vor, auf Zeit zu spielen. Sie machen deshalb mit Musterfeststellungsklagen Druck. Denn viele Sparverträge sind demnach inzwischen ausgelaufen oder wurden gekündigt. Damit drohten Ansprüche der Kunden zu verjähren. Allein die Verbraucherzentrale Sachsen vertritt neun Verfahren, denen sich 6000 Verbraucher angeschlossen haben.
Wer sich an keiner Musterklage beteiligt hat, muss selbst bei der Bank Druck machen und notfalls Nachzahlungen vor Gericht durchsetzen. Auch die Musterkläger müssen teils noch Anschlussprozesse führen.
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