Über einen Streik im Katasteramt würde sich niemand aufregen, aber ein Ausstand in der Verkehrsinfrastruktur bringt Verdi höchste Aufmerksamkeit. Wenn sie am Freitag sieben deutsche Flughäfen weitgehend lahmlegt, fasst die Gewerkschaft auch mehrere parallele Tarifkonflikte im Luftverkehr zusammen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Warnstreik.
Welche Arbeitnehmergruppen sind an dem Tarifkonflikt beteiligt?
Grundsätzlich handelt es sich um drei Gruppen, die eigentlich für sich verhandeln, nun aber gemeinsam von Verdi zum Warnstreik aufgerufen sind. Flughäfen waren oder sind häufig in der Hand der Kommunen, so dass viele Beschäftigte etwa bei der Feuerwehr oder den Flughafenverwaltungen nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes bezahlt werden. Die zweite Gruppe sind Flugzeugabfertiger, Betanker oder Gepäckarbeiter, die bei ausgegründeten Bodenverkehrsdienstleistern arbeiten, für die es jeweils regionale Verhandlungen und teilweise auch Haustarife gibt. Drittens verhandelt Verdi bundesweit für rund 25.000 Luftsicherheitsassistenten. Das sind jene Menschen, die Passagiere, Gepäck und Personal kontrollieren, bevor sie die Sicherheitszonen der Flughäfen betreten dürfen.
Warum ruft Verdi zum Warnstreik auf?
Im Vordergrund stehen die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst, die am Mittwoch und Donnerstag kommender Woche in zweiter Runde fortgesetzt werden. Verdi will die Arbeitgeber dazu bewegen, ein verhandlungsfähiges Angebot vorzulegen. «Die Beschäftigten, die gerade an den Flughäfen häufig prekär beschäftigt sind, brauchen jetzt Zeichen von den Arbeitgebern, dass sie sich bewegen, und sie brauchen vor allem schnell deutlich mehr Geld», sagt Verdi-Vizechefin Christine Behle.
Was fordert die Gewerkschaft?
Im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes fordern Verdi und der Beamtenbund 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen. Die Laufzeit soll zwölf Monate betragen.
Für die Beschäftigten der Bodenverkehrsdienste will Verdi deutliche Gehaltssteigerungen durchsetzen. Als Blaupause könnte der Abschluss für den Berliner Flughafen gelten: mit 360 Euro monatlich mehr und einer Inflationsausgleichsprämie von 2500 Euro.
Bei den Luftsicherheitskräften verweist die Gewerkschaft auf angeblich fruchtlose Verhandlungen über Zuschläge und weitere Bestimmungen im Manteltarifvertrag, nachdem sie im vergangenen Jahr hohe Gehaltssteigerungen durchgesetzt hatte. Der Arbeitgeberverband BDLS weist den Vorwurf mangelnder Kooperation zurück.
Fallen alle Flüge am Freitag aus?
Es fallen nicht sämtliche Flüge im deutschen Luftraum aus. Bislang sind Warnstreiks an sieben Standorten angekündigt. In Frankfurt, München, Stuttgart, Hamburg, Hannover, Bremen und Dortmund wird voraussichtlich nur ein Notdienst für militärische Flüge, Sicherheitslandungen oder medizinische Flüge vorgehalten. An allen übrigen Flughäfen dürften Flüge in die genannten Zielorte ausfallen. Der übrige Verkehr insbesondere in Urlaubsgebiete kann aber stattfinden.
Können Hilfsflüge ins Erdbebengebiet stattfinden?
Verdi hat Notdienstvereinbarungen getroffen, um Flüge mit Hilfsgütern in die Türkei abzusichern. Mit Köln, Düsseldorf, Leipzig und Frankfurt-Hahn werden zudem wichtige Frachtstandorte nicht bestreikt. Am größten Cargo-Drehkreuz Frankfurt gehen Frachter von Lufthansa Cargo und Turkish Airlines mit Hilfsgütern an den Start. Geplante Passagierflüge in die Türkei können laut Betreiber Fraport starten, wenn sie von den Gesellschaften als Hilfsflüge deklariert werden. In jedem Fall sei es aber unmöglich, dass Passagiere zustiegen. Der Stuttgarter Flughafenbetreiber hat erklärt, dass es am Freitag auch keine Frachtflüge geben werde.
Wie sind die Gäste der Münchner Sicherheitskonferenz betroffen?
Sie sind betroffen und müssen umbuchen, sofern sie am Freitag mit einem Linienflug über den Münchner Flughafen anreisen wollten. Privatflüge im Zusammenhang mit der Konferenz würden angenommen, hat ein Flughafensprecher erklärt. Auch Regierungsflüge werden von der Notdienstvereinbarung mit Verdi abgedeckt. Am Freitag werden mehr als 50 Privatflüge zur Sicherheitskonferenz erwartet.
Was können betroffene Passagiere tun?
Das ist je nach Ziel und Zeitpunkt unterschiedlich. Auf kurzen Distanzen ist die Deutsche Bahn eine Alternative, die nach eigenen Angaben ein hohes Passagieraufkommen erwartet. Für längere Strecken muss zusammen mit der Fluggesellschaft umgebucht werden. Verbindungen von anderen Städten stehen nur begrenzt zur Verfügung, da die sieben bestreikten Flughäfen für knapp zwei Drittel des deutschen Passagieraufkommens stehen. Mit Frankfurt und München werden zudem die beiden größten Drehkreuze mit besonders vielen Zielen stillstehen. Am Samstag plant der Lufthansa-Konzern wie andere Gesellschaften auch wieder einen Normalbetrieb.
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