24. November 2024

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Heizungsumstellung – Was das für Verbraucher heißt

Wenn die Temperaturen im Wohnzimmer auch bei Minusgraden behaglich sind, liegt das in Deutschland oft an Gas und Öl. Das soll sich ändern. Doch der Schwenk zu mehr eneuerbaren Energien ist ein Riesenprojekt.

Die Pläne der Ampel-Koalition für die Heizungsumstellung auf erneuerbare Energien nehmen Gestalt an. Am Dienstag berichtete die «Bild»-Zeitung über einen öffentlich gewordenen Entwurf für ein Verbot für den Einbau neuer Gas- und Ölheizungen ab 2024. Die Details sind aber noch mit Vorsicht zu behandeln: «Die Entwürfe, die teilweise kursieren, sind nicht aktuell und entsprechen nicht dem aktuellen Stand», betonte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums.

Folgen für Mieter und Hausbesitzer

Derzeit heizt jeder zweite Haushalt in Deutschland mit Erdgas. Ab 2024 sollen keine neuen Erdgas- und Ölheizungen mehr eingebaut werden. An ihre Stelle träten Heizungen, die mindestens zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Ab 2045 sollen Heizungen dann komplett mit erneuerbaren Energien etwa aus Wind und Sonne laufen. Wer vorher eine Heizung ersetzt oder repariert, muss diese Frist im Kopf behalten.

Wenn eine Erdgasheizung irreparabel kaputt geht, kann dem Entwurf zufolge übergangsweise für bestimmte Fristen auch eine althergebrachte Heizungsanlage eingebaut werden – man muss also nicht sofort einen modernen Ersatz finden. Außerdem solle es Fördergeld und Härtefallregelungen geben, hieß es aus Regierungskreisen. Mieter sollten zudem vor hohen Betriebskosten geschützt werden, etwa durch stromhungrige Wärmepumpen.

Bisherige Planungen

Im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP vereinbart, dass ab 2025 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Im März vergangenen Jahres vereinbarten die Koalitionsspitzen dann, dass «möglichst» schon ab dem 1. Januar 2024 jede neue eingebaute Heizung so betrieben werden soll. FDP-Vertreter liefen am Dienstag Sturm gegen die Pläne. Generalsekretär Bijan Djir-Sarai nannte den Vorstoß im Nachrichtenportal T-Online «Unsinn» und sagte steigende Kosten voraus. «Als FDP werden wir das zu verhindern wissen.»

Welche Heizungen noch erlaubt wären

Infrage kämen Wärmepumpen, die Wärme aus der Luft, dem Grundwasser oder dem Erdreich nutzen. Aber auch ein Anschluss an das Wärmenetz oder Stromdirektheizungen wie zum Beispiel Radiatoren. Nach Angaben aus Regierungskreisen wären unter anderem auch Biomasseheizungen denkbar oder Heizungen, die Gas aus erneuerbaren Quellen wie etwa grünen Wasserstoff nutzen. Dafür machte sich auch der energiepolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Michael Kruse, stark, der vor einer «Verschrottungsorgie von Heizungen» warnte.

Vor einem verengten Blick auf die Wärmepumpe warnte auch Lamia Messari-Becker, Professorin für Gebäudetechnologie und Bauphysik an der Uni Siegen. Bei einer entsprechenden Förderung kämen unter anderem auch wasserstofffähige Heizungen, Fern- und Nahwärme, Erdwärme sowie kommunale Wärmepläne mit erneuerbaren Energien zum Einsatz, sagte sie der dpa.

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) mahnte, die Gasnetze müssten schrittweise auf andere Energieträger umgestellt werden. Der Gesetzentwurf laufe auf ein Einbauverbot von gasbetriebenen Heizungen ab 2024 hinaus, «da in Deutschland zu diesem Zeitpunkt nirgendwo grüner Wasserstoff oder Biomethan in ausreichenden Mengen aus dem Gasverteilnetz beim Endkunden ankommen werden», sagte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing.

Zweifel an der Machbarkeit

«Der Gesetzentwurf aus dem Hause Habeck ist gespickt mit zahlreichen Pflichten und Detailvorgaben, ohne dass klar wird, wie diese in der Praxis umgesetzt werden können», beklagte der Präsident des Eigentümerverbands Haus und Grund, Kai Warnecke. Messari-Becker nannte die bekannt gewordenen Überlegungen «klimapolitisch nicht gut durchdacht, sozial kalt und mit massiven Problemen behaftet». Die Gebäude in Deutschland seien hinsichtlich ihrer energetischen Qualität, technischen Voraussetzungen und der regionalen Gegebenheiten sehr unterschiedlich. «Es gibt daher nicht die eine Lösung, die für alle gut funktioniert.» Rund ein Drittel der Wohnungseigentümer sei im Rentenalter, da seien Kredite keine Selbstverständlichkeit. Sie plädierte für kommunale Wärmepläne und Lösungen vor Ort.

Die Kosten

Es würde «sehr, sehr teuer», warnte der Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, Axel Gedaschko. Ab 2026 müssten pro Jahr mehr als eine Million fossil betriebene Heizungen ausgetauscht werden. «Denn bis 2030 müssen zusätzlich rund 6,5 Millionen Heizungen jenseits der schon vorhandenen Sanierungsplanung ersetzt werden.» Melanie Weber-Moritz vom Deutschen Mieterbund wertete die Pläne als Chance, warnte aber auch davor, die Kosten allein bei den Mietern zu lassen. Der geplante verpflichtende Heizungstausch müsse als Instandhaltung gewertet und ausschließlich vom Vermieter bezahlt werden.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sieht einen hohen Bedarf für staatliche Förderung, damit auch Menschen mit kleinerem Geldbeutel den Umstieg schaffen. Der Bund müsse helfen, die Extrakosten im Vergleich zu einer Gasheizung zu tragen bis alternative Techniken günstiger würden, sagte er kürzlich. Die SPD-Fraktion pochte am Dienstag auf Regelungen für Härtefälle. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) forderte Hilfen. «Private Haushalte müssen beim Rückbau von Gasetagenheizungen in Mehrfamilienhäusern einen finanziellen Ausgleich erhalten – insbesondere, wenn die Heizung erst wenige Jahre alt ist», sagte Thomas Engelke vom VZBV dem «Handelsblatt». Er betonte aber auch, mehr Unabhängigkeit von fossilen Energieimporten sei nötig.

Umweltverband erfreut

Die Bundesregierung will einerseits unabhängiger von fossilen Importen werden, andererseits hinkt auch der Gebäudesektor den selbst gesetzten Klimazielen hinterher. Die Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe, Barbara Metz, begrüßte daher die Heizungspläne: «Das ist gleichzeitig ein wichtiger Schritt aus der fossilen Abhängigkeit – und eine gute Nachricht für Verbraucherinnen und Verbraucher nach einem Jahr der Versorgungssorgen und explodierenden Heizkosten.»

Von Martina Herzog und Andreas Hoenig, dpa