24. November 2024

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Ampel-Regierung will mehr Fachkräfte-Zuwanderung

Deutschland fehlen nicht nur Fachkräfte, sondern ganz allgemein Arbeitskräfte. Die Regierung will deshalb die Hürden für Zuwanderung senken. Die Wirtschaft ist dafür, die Opposition warnt davor.

In dem Punkt sind sich alle einig: Es werden Arbeitskräfte gesucht, fast überall, ob beim Bäcker, in der Baufirma, in Kitas, der Pflege oder IT-Unternehmen. In welcher Form Zuwanderung Abhilfe schaffen kann, darüber wird politisch aber heftig gestritten. Das wurde im Bundestag bei der ersten Beratung eines von der Ampel-Regierung geplanten Gesetzes zur Erleichterung von Arbeitskräfte-Einwanderung einmal mehr deutlich. Union und AfD warnten davor, die Einwanderungshürden zu senken. Rückendeckung für die Ampel kam dagegen aus der Wirtschaft.

Ende vergangenen Jahres habe es in Deutschland rund zwei Millionen offene Stellen gegeben, das sei der höchste je gemessene Wert gewesen, sagte Innenministerin Nancy Faeser zum Auftakt der Debatte. Die SPD-Politikerin warb wie ihr Kabinettskollege, Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), für die Pläne der Ampel. Man schaffe damit «eines der modernsten Einwanderungsrechte in der Welt», sagte sie.

Heil warnte davor, dass bis 2035 sieben Millionen Arbeitskräfte im Land fehlen könnten. Redner von FDP und Grünen betonten, mit inländischen Ressourcen werde man den Arbeitskräftebedarf nicht decken können. Deutschland brauche eine Willkommenskultur und müsse ein attraktives Land sein. «Wir finden niemanden mehr, von der bayerischen Wirtschaft bis zum Hightech-Start-Up in Berlin», sagte FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler. Es gebe keinen Fachkräfte-, sondern einen Arbeitskräftemangel.

Einfühung einer Chancenkarte

Die Koalition will mit ihrem Gesetz unter anderem eine sogenannte Chancenkarte einführen. Wer die Karte erhält, um sich in Deutschland eine Arbeit suchen zu können, wird nach einem Punktesystem ermittelt. Zu den Kriterien gehören Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Alter und Bezug zu Deutschland. Die Voraussetzungen für einen Aufenthalt für eine Ausbildungsplatzsuche sollen zudem «deutlich abgesenkt» werden, Gehaltsschwellen für eine Arbeitsaufnahme sinken und bei Hochschulabsolventen Arbeitsplatzwechsel und Familiennachzug erleichtert werden. Nach der ersten Debatte im Bundestag wird über das Gesetzesvorhaben nun zunächst weiter in den Ausschüssen beraten.

Union und AfD stellten sich gegen die Pläne: «Wir wollen für die Qualifizierten, die wir brauchen, einladender werden. Sie wollen die einladen, die nicht qualifiziert sind, das ist der Unterschied», sagte der CDU-Politiker Hermann Gröhe. Sein Fraktionskollege Alexander Throm (CDU) warnte vor einer Einwanderung von «Minderqualifizierten». Die AfD-Abgeordnete Gerrit Huy sagte, es gebe bereits viele eingewanderte junge Leute im Land, die arbeitsfähig wären. Deutschland sei nicht als Arbeitsplatz attraktiv, sondern als Sozialamt, fügte ihr AfD-Kollege Götz Frömming hinzu.

Redner der Ampel wiesen die Äußerungen aus Union und AfD scharf zurück. Die Union versuche Zuwanderung zu verhindern und verhalte sich wirtschaftsschädlich.

Rückendeckung für Ampel-Pläne

Aus der Wirtschaft selbst kam Rückendeckung für die Ampel-Pläne: «Der Gesetzentwurf ist endlich ein wichtiges Willkommens-Signal», könne aber nur ein erster Schritt sein, sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger. «Wir müssen interessierte Arbeitskräfte aus dem Ausland aus dem Fachkräftewartezimmer rausholen, in dem sie schon ewig sitzen.» Dulger rief auch dazu auf, die «inländischen Potenziale» zu nutzen und forderte einen Ausbau der Kinderbetreuung, flexiblere Arbeitszeiten, bessere Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten und ein Ende der Rente mit 63.

Aus Sicht des Verbands der Maschinen- und Anlagenbauer VDMA gehen die Pläne zur Arbeitskräfteeinwanderung noch nicht weit genug. Die Vergleichbarkeit ausländischer Berufsabschlüsse werde immer noch überbewertet und die geforderten Sprachkenntnisse seien weiter überzogen, sagte VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann. Er forderte die Möglichkeit, Fachkräfte im Ausland auch für Zeitarbeit anwerben zu können. Dies sei nach wie vor verboten.

Von Christian Ebner und Jörg Ratzsch, dpa