Nach einem guten Start ins Jahr droht die chinesische Wirtschaft ins Stocken zu geraten: Wie die Zollbehörde in Peking mitteilte, stiegen die chinesischen Exporte im April im Jahresvergleich zwar um 8,5 Prozent auf 295,4 Milliarden US-Dollar (rund 269 Mrd Euro). Das Wachstum fiel damit aber geringer aus als im Vormonat, als noch ein Plus von 14,8 Prozent verzeichnet worden war. Bei den Importen ging es im April bergab: Sie sanken im Jahresvergleich um 7,9 Prozent.
Die chinesischen Exporte nach Deutschland stiegen im April um 2,5 Prozent, während die chinesischen Einfuhren aus Deutschland um 5,7 Prozent zurückgingen. Chinas Exporte in die USA sanken um 6,5 Prozent, die Importe gingen um 3,7 Prozent zurück.
Der Anstieg der Exporte im April werde dem Erholungskurs der chinesischen Wirtschaft weiteren Auftrieb geben, kommentierte Jens Hildebrandt, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer (AHK) in Peking, die Handelszahlen. «Sorgen bereitet das Schwächeln des Binnenmarktes, was sich im negativen Importwachstum widerspiegelt.» Deutsche Unternehmen vor Ort blickten jedoch insgesamt zuversichtlich auf das zweite Halbjahr.
China strebt in diesem Jahr nach dem Ende der strikten Corona-Politik einen wirtschaftlichen Aufschwung an. Bisher ist das gelungen. Im ersten Quartal wuchs die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt überraschend stark um 4,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Für das Gesamtjahr hat die Führung ein Wachstumsziel von rund fünf Prozent ausgegeben.
Schwache globale Nachfrage belastet
Der Internationalen Währungsfonds (IWF) rechnet in diesem Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von 5,2 Prozent in China. Er erwartet, dass sich das Wachstum in der Volksrepublik mittelfristig verlangsamt. Dieses werde sich wahrscheinlich von Investitionsgütern auf den Konsum verlagern, so der IWF im April.
Nun sendet Chinas Wirtschaft zunehmend gemischte Signale. Bereits vor den Handelszahlen am Dienstag hatte der offizielle Einkaufsmanagerindex, der als wichtiger Konjunkturindikator gilt, Anfang des Monats enttäuscht. Experten führen die abgekühlte Stimmung in der chinesischen Industrie vor allem auf die insgesamt schwache globale Nachfrage zurück. Diese droht nun die wirtschaftliche Erholung des Landes nach dem Ende der drakonischen Corona-Maßnahmen zu bremsen. Erst Anfang Dezember hatte Peking eine Kehrtwende vollzogen und die meisten Pandemie-Maßnahmen aufgehoben.
Im Falle einer anhaltenden Schwäche müsste Peking mit weiteren Konjunkturhilfen gegensteuern. Ein robuster Aufschwung würde auch Deutschland helfen, das wirtschaftlich stark mit der Volksrepublik verflochten ist, insbesondere in der Auto-Industrie.
Tourismus zieht wieder an
Allerdings gab es in letzter Zeit auch positive Überraschungen. So zeigte sich während der Maifeiertage in China, dass der chinesische Tourismus wieder besser läuft als vor der Pandemie. Wie das Ministerium für Kultur und Tourismus vergangene Woche mitteilte, wurden während der Feiertage rund 274 Millionen Reisen unternommen. Das sind 70 Prozent mehr als im Vorjahr und rund ein Fünftel mehr als vor der Pandemie.
Der chinesische Außenhandel hatte sich im vergangenen Jahr durch die strengen Corona-Maßnahmen und die geringere Nachfrage nach «Made in China» spürbar abgeschwächt. Nach dem Ende der Null-Covid-Strategie mit ihren stark restriktiven Maßnahmen Dezember lähmte zunächst eine heftige Corona-Welle die chinesische Wirtschaft, die erst in jüngster Zeit wieder anzog. Die Wirtschaftsplaner hoffen jetzt vor allem darauf, dass die Verbraucher wieder mehr Geld ausgeben.
Ähnliche Beiträge
Erneuter Einbruch bei E-Auto-Absatz – ein Fünftel weniger
EZB-Präsidentin Lagarde warnt vor Konjunkturschwäche
Staatsanwaltschaft: Anklage gegen Ex-Conti-Chef Neumann