24. November 2024

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Nach Tarifangebot: Wie geht es weiter bei der Bahn?

Verhandlungen oder Warnstreiks? Wie es im Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn weiter geht, hängt nun vor allem von der Reaktion der Gewerkschaft auf ein neues Konzernangebot ab.

Mit einem nachgebesserten Angebot will die Deutsche Bahn weitere Warnstreiks im laufenden Tarifkonflikt abwenden – mit einer Reaktion auf diese Offerte ließen sich die Arbeitnehmer Zeit. «Noch liegt uns keine offizielle Rückmeldung der EVG vor», teilte ein Bahnsprecher am Dienstag mit. Die Gewerkschaft habe sich «bis Dienstagabend Zeit erbeten, unser neues Angebot in Ruhe und mit allen nötigen Gremien zu bewerten». Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht zum konkreten Zeitplan für eine Antwort.

Die Bahn hatte bei den Gesprächen vergangene Woche in Fulda ein neues Angebot unterbreitet und die EVG aufgefordert, bis einschließlich diesen Dienstag Stellung zu nehmen. Die EVG kündigte an, das Angebot bis dahin zu bewerten. Von der Antwort hängt ab, wie es im seit Monaten schwelenden Tarifstreit für rund 180 000 Bahnbeschäftigte weiter geht. Weitere Gespräche noch in dieser Woche gelten als wahrscheinlich. Die EVG hatte nach der jüngsten Verhandlungsrunde am vergangenen Donnerstag mitgeteilt, dass sie zügig weiterverhandeln wolle. Erneute Warnstreiks hat sie bis dahin zunächst ausgeschlossen.

Die Seiten liegen noch weit auseinander

Der Konzern hat stufenweise zwölf Prozent bei den unteren Lohngruppen in Aussicht gestellt. Insgesamt zehn Prozent mehr sollen die mittleren Gruppen bekommen und acht Prozent die oberen. Die erste Erhöhungsstufe soll demnach noch dieses Jahr umgesetzt werden. Hinzu kommt eine ebenfalls stufenweise Inflationsausgleichsprämie von insgesamt 2850 Euro, die steuer- und abgabenfrei ab diesem Juli gezahlt werden könnte. Die Laufzeit beträgt 24 Monate.

Gemessen an den bisherigen Angeboten ist die Bahn der EVG damit weiter entgegengekommen. Noch liegen beide Seiten aber weit auseinander: Die Gewerkschaft fordert einen Festbetrag von mindestens 650 Euro pro Monat mehr oder zwölf Prozent bei den oberen Lohngruppen. Die Laufzeit soll nach ihren Vorstellungen nur zwölf Monate betragen. Einmalzahlungen lehnte die EVG bislang strikt ab.

Weitere Warnstreiks oder gar eine Urabstimmung, die unbefristete Streiks zur Folge haben könnte, sind daher nicht vom Tisch. Bereits zwei Mal hat die EVG zu Warnstreiks aufgerufen und den Bahnverkehr in Deutschland damit weitgehend zum Erliegen gebracht. Einen dritten geplanten 50-Stunden-Warnstreik sagte die Gewerkschaft hingegen kurzfristig ab, nachdem sie mit der Bahn vor dem Arbeitsgericht Frankfurt in einem der Verhandlungsknackpunkte einen Vergleich erzielt hatte.

Die Gewerkschaft dürfte bei ihrem Vorgehen auch die Entwicklungen bei der Bahn-Konkurrenzgewerkschaft GDL im Blick haben, deren Tarifverträge in diesem Herbst auslaufen. Anfang Juni will die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ihre Forderungen für die dann anstehenden Verhandlungen definieren.

Die deutlich kleinere GDL unter ihrem Chef Claus Weselsky vertritt vor allem die Interessen der Lokführer bei der Bahn. Weselsky ist für sein hartes Auftreten in Tarifkonflikten und häufige Warnstreiks bekannt. Gut möglich, dass die EVG die Ansage der Konkurrenz vor einem eigenen Abschluss noch abwarten will.

Der Tarifkonflikt zwischen der DB und der EVG dauert seit Ende Februar an. Zu Beginn verliefen die Gespräche sehr stockend, die vierte Verhandlungsrunde vergangene Woche in Fulda wurde von beiden Seiten aber zumindest als konstruktiv bewertet. Neben der Bahn verhandelt die EVG nach und nach mit Dutzenden weiteren Eisenbahnunternehmen über höhere Tarife für insgesamt rund 230 000 Branchenbeschäftigte.

Von Matthias Arnold und Fabian Nitschmann, dpa