24. November 2024

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Bafin nimmt Anlageberatung unter die Lupe

Was kostet das Finanzprodukt - und passt es zu mir? Die Finanzaufsicht will wissen, ob Verbraucher bei der Anlageberatung darüber informiert werden. Die Ergebnisse sind laut Verbraucherschutz «erschreckend».

Die Finanzaufsicht Bafin sieht bei der Anlageberatung von Verbraucherinnen und Verbrauchern in Deutschland teils deutliche Defizite. Vor allem bei den Pflichtinformationen hapere es noch erheblich, sagte Christian Bock, Leiter der Abteilung Verbraucherschutz und Verbraucherschutzbeauftragter bei der Bafin. Dazu zählen Infos über die Kosten und darüber, ob das Finanzprodukt für den Anleger geeignet ist. Verbraucherschützerin Dorothea Mohn sprach von «erschreckenden Ergebnissen, die man sehr ernst nehmen sollte».

Im Auftrag der Bafin wurden 100 Testkäufe von Finanzprodukten in 16 Banken und Sparkassen in ganz Deutschland durchgeführt. Speziell geschulte Tester treten beim sogenannten Mystery Shopping meist als Neukunden auf, um sich beraten zu lassen. Geprüft wurde, ob die Institute Kundinnen und Kunden die gesetzlich vorgeschriebenen Informationsunterlagen geben.

Fehlende Geeignetheitserklärungen

So müssen Anleger vor der Entscheidung für ein Finanzprodukt eine genaue Aufstellung erhalten, wie viel sie das Produkt kostet (Ex-Ante-Kosteninfo). In 67 Prozent der Beratungen gab es den Angaben zufolge keine entsprechende Info. Zudem erhielten die Tester in 40 Prozent der Fälle keine Geeignetheitserklärung. Darin müssen Berater schriftlich darlegen, weshalb die Empfehlung eines bestimmten Finanzproduktes zum Kunden passt.

«Bei der Aushändigung von gesetzlichen Pflichtinformationen in der Anlageberatung haben wir erneut erhebliche Auffälligkeiten festgestellt», sagte Bock. «Diese sind aber kein zwingendes Indiz dafür, dass es bei diesem Thema branchenweit gravierende Missstände gibt.»

Verglichen mit einer Pilotaktion im Sommer 2021, die mit 36 Tests bei 12 Instituten deutlich kleiner war, schnitt die Anlageberatung schlechter ab. Damals erhielten Kunden bei 19 Prozent der Beratungen keine Kosteninfo und bei 22 Prozent keine Geeignetheitserklärung.

Weil es bei Wertpapierkäufen kein Widerrufsrecht gibt, erteilen die Tester in der Regel keinen Kaufauftrag. Das war auch beim «Mystery Shopping» im Auftrag der Bafin der Fall. «Wir können also nicht völlig ausschließen, dass die fehlenden Pflichtinformationen noch ausgehändigt worden wären, wenn das Beratungsgespräch mit einem Orderabschluss beendet worden wäre», erläuterte Bock.

Kritik an fehlendem Zeitpunkt der Informationsweitergabe

Verbraucherschützerin Mohn sieht in dem fehlenden Orderabschluss kein Problem. «Sachlogisch müssten die Kunden die vorgeschriebenen Informationen auf jeden Fall mit der Empfehlung bekommen, unabhängig davon, ob sie der Empfehlung folgen», sagte die Leiterin Team Finanzmarkt beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). «Wenn es so sein sollte, dass Anleger wichtige Informationen erst ganz kurz vor dem Abschluss bekommen hätten, wäre das kein guter und sachgerechter Zeitpunkt.»

Vergleichsweise gut schnitten die Banken und Sparkassen beim Thema Nachhaltigkeit ab. Demnach wurden 87 Prozent der Testkäufer nach ihren Nachhaltigkeitspräferenzen befragt. Dies ist seit August des vergangenen Jahres Pflicht.

Kooperative Maßnahmen der Institute

Die betroffenen Institute hätten sich kooperativ und konstruktiv gezeigt, berichtete Bock. Sie wollten ihre Berater sensibilisieren, die gesetzlich vorgeschriebenen Informationen stets auszuhändigen. Die Aufsicht werde die Umsetzung der Maßnahmen überwachen. Weitere Testkäufe bei Instituten und Unternehmen, die die Bafin beaufsichtigt, sind geplant. «Mystery Shopping ist für uns mittlerweile ein probates Aufsichtsinstrument», sagte Bock.

Auch eine EU-weite Aktion, an die die Bafin ihren Test gekoppelt hatte, zeigte Defizite bei der Information über Kosten und Gebühren bei Finanzprodukten. Die Tests bei insgesamt 118 Kreditinstituten und 76 Investmentfirmen wurden von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) koordiniert.

«Die Ergebnisse unterstreichen einmal mehr, wie sinnvoll es wäre, ein Provisionsverbot einzuführen», sagte Mohn. Kreditinstitute und Versicherer zahlen für den Vertrieb zum Beispiel von Fondsanteilen oder Lebensversicherungen Anlageberatern in den meisten EU-Ländern in der Regel eine Provision. Verbraucherschützer sehen die Gefahr von Interessenkonflikten, die zur Empfehlung teurer oder unpassender Anlagen führen können.

Von Friederike Marx, dpa