Nach der Bürgschaft kommt der Rekordverlust: Siemens Energy hat im abgelaufenen Geschäftsjahr 4,6 Milliarden Euro Verlust gemacht, wie der Konzern bekanntgab. Das ist das mit Abstand größte Minus in der jungen Geschichte des Energietechnikkonzerns. Ursache sind die Probleme im Windkraftgeschäft, die Energy regelmäßig die Bilanz verhageln und die im vergangenen Geschäftsjahr einen Höhepunkt erreichten.
Obwohl sie weiter drücken, erwarten die Münchner im seit Oktober laufenden Geschäftsjahr 2024 dank Verkäufen einen Gewinn von einer Milliarde Euro. Ohne die Verkäufe wäre ein Verlust in der Dimension von 1 bis 1,5 Milliarden Euro zu erwarten.
Einen Ausstieg aus der Windenergie soll es nicht geben
Das Windkraftgeschäft wird allerdings auch 2024 Verluste anhäufen: Vor Sondereffekten erwartet der Konzern dort ein Minus von rund zwei Milliarden Euro. Erst 2026 werde der Windbereich profitabel arbeiten. Dazu soll auch eine Fokussierung auf rentable Märkte und eine langsamere Schlagzahl bei der Einführung neuer Produkte beitragen, wie Konzernchef Christian Bruch sagte. Man müsse sich die Frage stellen, in wie vielen Märkten man überhaupt sein müsse, sagte er. Als gesetzt dürften seinen Äußerungen zufolge aber Europa und die USA gelten.
Die ganze Windkraftindustrie leide an Wachstumsschmerzen, die man unterschätzt habe, erklärte Bruch das Dilemma, dass trotz hoher Nachfrage keine Gewinne erwirtschaftet werden. Bei Siemens Energy kommen noch teure Qualitätsprobleme bei einigen Anlagentypen hinzu. Einen Ausstieg aus der Windkraft schließt Bruch derzeit aber aus.
Die IG Metall forderte das Management auf, bald eine Perspektive für das Windgeschäft aufzuzeigen. «Nur damit werden das Unternehmen und seine Beschäftigten wieder in ruhigeres Fahrwasser kommen und ihr großes Potential im Rahmen der Energiewende umsetzen können», erklärte der Zweite Vorsitzende Jürgen Kerner. Er lobte die staatliche Bürgschaft und das Engagement von Siemens.
Die restlichen Geschäfte von Energy laufen solide. Sie können die Verluste im Windbereich aber nicht ausgleichen. «In einem äußerst herausfordernden Jahr für Siemens Energy wachsen zwei Drittel unserer Geschäfte profitabel und haben ihre Jahresziele erreicht oder übertroffen», betonte Bruch.
Die Nachfrage nach den Produkten von Siemens Energy ist bei alledem weiter hoch. Im abgelaufenen Geschäftsjahr lag der Auftragseingang mit gut 50 Milliarden Euro rund ein Drittel höher als 2022. Der Auftragsbestand wuchs um gut ein Siebtel auf 112 Milliarden. Der Umsatz legte rund 10 Prozent auf 31,1 Milliarden Euro zu.
«Stark beschleunigtes Wachstum»
«Die aktuell große Nachfrage nach unseren Produkten bringt auch Herausforderungen mit sich», sagte Bruch. «Wir sind daher froh, dass wir nach sehr konstruktiven Gesprächen eine gute Lösung mit allen Beteiligten gefunden haben, unser durch die Energiewende stark beschleunigtes Wachstum sicherzustellen.»
Am Dienstag hatte das Bundeswirtschaftsministerium im Ringen um Garantien für Siemens Energy einen Durchbruch gemeldet. Kern ist eine Bürgschaft des Bundes über 7,5 Milliarden Euro. Auch die ehemalige Konzernmutter Siemens, Privatbanken und weitere Akteure sind im Boot. Insgesamt geht es um 15 Milliarden. 12 Milliarden davon kommen aus dem Paket mit Bundesregierung, Banken und Siemens. 3 weitere Milliarden sollen von den weiteren Akteuren kommen. Das sind unter anderem Länder wie Spanien sowie die EU, wie Bruch sagte.
Zudem wird Siemens Energy 18 Prozent an der indischen Gesellschaft Siemens Limited an Siemens verkaufen. Bisher hält Energy als Folge seiner Ausgliederung aus dem Siemens-Konzern im Jahr 2020 noch 24 Prozent daran. Der Erlös soll bei rund 2,1 Milliarden Euro liegen. In der Folge soll auch die Trennung der Geschäfte in separate Gesellschaften beschleunigt werden.
Die Börse reagierte positiv auf die aktuelle Lage bei Siemens Energy. Die Aktie, die im laufenden Jahr bisher massiv an Wert verloren hatte, lag am Mittwochvormittag kräftig im Plus und gehörte zu den größten Gewinnern im DAX.
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