21. November 2024

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Tarifsteigerungen gleichen Teuerung kaum aus

Kräftige Tabellenerhöhungen und Einmalzahlungen bis zu 3000 Euro haben die Tarifabschlüsse im Jahr 2023 geprägt. Unter dem Strich bleibt aber zu wenig übrig, meint die gewerkschaftliche Böckler-Stiftung.

Viele Tarifbeschäftigte müssen trotz vergleichsweise hoher Lohnabschlüsse im laufenden Jahr erneut Reallohnverluste hinnehmen. Das geht aus einer am Donnerstag vorgelegten Auswertung der gewerkschaftlichen Böckler-Stiftung hervor, die Tarifverträge für zusammen rund 14,8 Millionen Beschäftigte untersucht hat. Danach stiegen die Tariflöhne im laufenden Jahr im Schnitt um 5,6 Prozent und blieben damit unter der angenommenen jahresbezogenen Teuerung von 6,0 Prozent.

Erst unter Berücksichtigung der jeweils individuellen Steuer- und Abgabenvorteile der hohen Einmalzahlungen sei in den meisten Fällen die Inflation übertroffen worden, erläuterte der Leiter des stiftungseigenen WSI-Tarifarchivs, Thorsten Schulten.

Nominale Tarifsteigerungen in dieser Höhe hat es seit Einführung der laufenden Statistikreihe im Jahr 1998 nicht gegeben. Ebenso beispiellos in diesem Zeitraum ist allerdings auch die nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine stark gestiegene Inflation. Um die Folgen für die Beschäftigten zu lindern, hatte die Bundesregierung mit Arbeitgebern und Gewerkschaften vereinbart, in den Jahren 2023 und 2024 tarifliche Sonderzahlungen bis zu einer Höhe von 3000 Euro steuer- und abgabenfrei zu stellen.

Dieser Effekt ist Schulten zufolge nicht über alle Tariflöhne zu berechnen. Beispielhaft nannte er den Abschluss im Öffentlichen Dienst des Bundes und der Gemeinden, der mit diesem Effekt Gehaltssteigerungen von 9,8 Prozent gebracht habe statt 6,8 Prozent ohne.

Experte: Weniger Druck auf die Vertragspartner

Die Einmalzahlungen selbst sind in die Berechnungen für 2023 eingeflossen und dämpfen nun für die kommenden Jahre die erwartbaren Lohnsteigerungen. Sie hätten wie von der Politik beabsichtigt die Preissteigerungen im laufenden Jahr ausgeglichen, meinte Schulten. Die pauschalen Inflationsausgleichsprämien seien vor allem den unteren Lohngruppen zugute gekommen, die auch von den häufig vereinbarten Festbeträgen beim Lohnzuwachs überdurchschnittlich profitierten. «Die Tarifvertragsparteien haben damit der Tatsache Rechnung getragen, dass die unteren Lohngruppen in besonderem Maße unter den hohen Preissteigerungsraten leiden.»

Für das kommende Jahr erwartet der Experte angesichts sinkender Inflationsraten etwas weniger Druck auf die Vertragspartner. Allerdings bestehe angesichts der Reallohnverluste aus den vergangenen Jahren nach wie vor ein hoher Nachholbedarf. Die aktuellen Reallöhne entsprechen den Böckler-Berechnungen zufolge nach drei Minus-Jahren nun wieder dem Niveau von 2016.