21. November 2024

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Bahntarifstreit: Erst Warnstreik, dann Weihnachtsfrieden

Schneechaos, Fahrplanwechsel und jetzt auch noch Warnstreiks: Für 24 Stunden legt die Gewerkschaft GDL den Personen- und Güterverkehr erneut lahm. Danach können Fahrgäste durchatmen - vorerst.

Für Bahnfahrgäste sind es wieder leidvolle Zeiten: Erst fährt aufgrund des Wintereinbruchs tagelang kein Zug im Großraum München. Nun legt die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) mit einem Warnstreik wieder weite Teile des Fern-, Regional- und Güterverkehrs lahm. Am Donnerstagabend begann um 18.00 Uhr der Ausstand im Güterverkehr, wie ein Bahn-Sprecher bestätigte.

Vier Stunden später sollte auch der Personenverkehr für dann 24 Stunden bestreikt werden. Erste Fernverbindungen nahm die Bahn bereits am frühen Donnerstagabend aus dem Angebot – nur so kann der Konzern garantieren, dass niemand auf freier Strecke übernachten muss.

Im Fernverkehr will die Bahn während des Warnstreiks rund 20 Prozent des Angebots aufrecht erhalten. Im Regionalverkehr werden die Auswirkungen sehr unterschiedlich sein. Im weiter vom Schneechaos betroffenen Bayern dürfte so gut wie nichts fahren. Insbesondere im Nordwesten des Landes, wo die GDL traditionell weniger stark vertreten ist, könnte es Fahrgäste weniger stark treffen.

Der Donnerstag hielt in Sachen Bahn aber auch eine für Fahrgäste erfreuliche Nachricht parat: Der aktuelle Warnstreik ist der letzte auf der Schiene im laufenden Jahr. GDL-Chef Claus Weselsky hat bis einschließlich 7. Januar weitere Arbeitskämpfe ausgeschlossen. Damit kommt es am Ende doch zum lange ersehnten Weihnachtsfrieden, den die Bahn schon vor dem Beginn der Tarifauseinandersetzung Anfang November gefordert hatte. Danach ist dann aber wieder alles möglich. Die Streiks im neuen Jahr würden «länger und intensiver», sagte Weselsky im Bayerischen Rundfunk.

Langer Rückstau im Güterverkehr erwartet

Während der Personenverkehr aller Voraussicht nach am Samstag wieder weitestgehend normal ablaufen wird, dürften die Auswirkungen im Güterverkehr noch über das Wochenende hinaus zu spüren sein. Schon in den Tagen vor dem Warnstreik stauten sich aufgrund des heftigen Schneefalls in Bayern Hunderte Güterzüge, wie die Bahn mitteilte. Der Arbeitskampf dürfte das Chaos vergrößern.

Vom Warnstreik betroffen ist nicht nur die Deutsche Bahn, auch der Wettbewerber Transdev wird von der GDL bestreikt. Beide Tarifverhandlungen hat die Gewerkschaft inzwischen für gescheitert erklärt. Knackpunkt ist in beiden Fällen vor allem die Forderung der GDL nach einer Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich. Die Arbeitgeber lehnen das bisher ab.

«Damit ignorieren die Unternehmen nicht nur die berechtigten Bedürfnisse der eigenen Beschäftigten», teilte Weselsky am Mittwoch mit. «Sie torpedieren zudem die dringend nötigen Maßnahmen zu einer erfolgreichen Personalgewinnung und setzen so fahrlässig die Zukunft des klimafreundlichsten Verkehrsmittels Eisenbahn aufs Spiel.»

Mit dem Arbeitskampf setzt die GDL die Bahn kurz vor dem sogenannten großen Fahrplanwechsel an diesem Sonntag unter Druck. Dieser sieht eigentlich zahlreiche neue Fern- und Regionalverkehrsverbindungen und eine Aufstockung der Zugflotte vor. Doch bevor neue Züge auf die Schiene kommen, muss die Bahn nun zunächst zahlreiche umdisponieren. Von Donnerstag bis einschließlich Sonntag gilt wegen des Warnstreiks jeden Tag ein anderer Fahrplan – Dauerstress für die Beschäftigten in den Leitstellen. Bis zum Start des neuen Fahrplans sind die Streikauswirkungen im Personenverkehr aller Voraussicht nach aber kein Thema mehr.

Im Januar drohen längerer Arbeitskämpfe

Derzeit stimmen die Gewerkschaftsmitglieder per Urabstimmung über unbefristete Streiks ab. Das Ergebnis wird für den 19. Dezember erwartet. Weselsky rechnet eigenen Aussagen zufolge mit einer Zustimmung von 90 Prozent. Mehr als 75 Prozent sind nötig, wenn die GDL zu solchen Arbeitskämpfen aufrufen will. Die Mitglieder müssen die Maßnahme absegnen, denn Streiks können für sie ins Geld gehen. Das Streikgeld der Gewerkschaft gleicht in der Regel nur einen Teil der Lohn- und Gehaltseinbußen aus, die Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen bei Arbeitskämpfen entstehen können.

Ein Ausweg aus der Tarifmisere ist derzeit nicht erkennbar. Rund zwei Wochen ist es her, dass die GDL die Verhandlungen bei der Bahn hat scheitern lassen. Viel miteinander geredet wurde seither dem Vernehmen nach nicht. Die Fronten sind insbesondere beim Thema Arbeitszeitreduzierung verhärtet. Zudem will die GDL ihren Einflussbereich ausweiten und bei der Bahn auch für die Beschäftigten der Infrastrukturtochter DB Netz Tarifverträge abschließen. Die Bahn lehnt das ab und verweist auf die dort bereits existierenden Tarifregelungen mit der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG).

Von Matthias Arnold, Fabian Nitschmann und Carla Benkö, dpa