Am Telefon aufgeschwatzte Verträge oder überlange Vertragslaufzeiten und Kündigungsfristen – die Bundesregierung will Verbraucher besser vor Abzocke schützen.
Ein entsprechender Gesetzentwurf, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, soll am Mittwoch im Kabinett beschlossen werden. Unter anderem geht es dabei um die Laufzeit von Verträgen etwa für Handys, Streamingdienste, Fitnessstudios oder Zeitungs-Abos.
«Die vorgesehenen Regelungen sollen die Position der Verbraucherinnen und Verbraucher gegenüber den Unternehmern weiter verbessern und erreichen, dass nicht nur der Vertragsschluss unter faireren Bedingungen erfolgt, sondern auch die Vertragsinhalte faireren Regelungen unterliegen», heißt es in dem Entwurf. Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte Änderungen schon vor einiger Zeit vorgeschlagen, das Wirtschaftsministerium hatte bisher aber Bedenken. Die Kompromisslösung im Detail:
VERTRAGSLAUFZEITEN: Verträge etwa fürs Fitnessstudio, fürs Handy, Netflix oder ein Musik-Abo werden bisher oft über zwei Jahre angeboten. Das schmälert aus Sicht des Justizministeriums die Marktchancen der Verbraucher, weil sie nicht kurzfristig auf billigere Angebote wechseln können. Künftig sollen solche Verträge in der Regel nur noch ein Jahr laufen. Bis zu zwei Jahre sind erlaubt, wenn dem Verbraucher zugleich ein Angebot über die gleiche Leistung mit einer Laufzeit von einem Jahr gemacht wird. Dieses Angebot darf im Monatsschnitt maximal ein Viertel mehr kosten.
AUTOMATISCHE VERTRAGSVERLÄNGERUNG: Die Kündigung vergessen – und schon hat man einen unliebsamen Vertrag ein weiteres Jahr an der Backe. Das soll künftig nicht mehr so einfach passieren. Um drei Monate darf sich ein Vertrag einfach so automatisch verlängern. Vier Monate bis ein Jahr Verlängerung sollen nur noch möglich sein, wenn der Verbraucher vorher auf seine Kündigungsmöglichkeit hingewiesen wurde. Das muss nicht per Brief geschehen, es reicht auch eine SMS mit dem Hinweis: «Achtung, wenn Sie jetzt nicht kündigen, verlängert sich Ihr Vertrag um ein Jahr».
KÜNDIGUNGSFRIST: Die Kündigungsfrist für Verbraucherverträge soll generell nur noch einen Monat betragen – statt bisher drei Monate.
STROM- UND GASVERTRÄGE: Lieferverträge für Strom und Gas soll man nicht mehr allein am Telefon schließen können. Damit ein Vertrag wirksam ist, muss er «in Textform», also zum Beispiel per Email, vorliegen. Bisher reichte eigentlich ein Telefonat aus – häufig seien den Verbrauchern dabei etwa Vertragswechsel aufgeschwatzt worden, heißt es im Justizministerium.
WERBUNG AM TELEFON: Firmen müssen künftig die Einwilligung der Verbraucher in Telefonwerbung dokumentieren und aufbewahren.
Verbraucherschützer hatten die Änderungen auch wegen der Corona-Krise zuletzt immer wieder gefordert. Viele Bürger hätten gerade weniger Geld und müssten schauen, welche Ausgaben sie reduzieren könnten, sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Klaus Müller, der Deutschen Presse-Agentur. «Viele Menschen trennen sich jetzt von Diensten, die sie einfach nicht mehr bezahlen können.» Da sei es besonders ärgerlich, wenn sich Verträge automatisch um 12 Monate verlängerten, wenn man einen Kündigungstermin versäume.
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