Nach zwei Niederlagen vor Gericht müssen sich die Bahn und ihre Fahrgäste auf einen dreitägigen Streik der Lokführergewerkschaft GDL einstellen. Nach dem Frankfurter Arbeitsgericht wies auch das Hessische Landesarbeitsgericht die Einstweilige Verfügung der Bahn gegen den Arbeitskampf zurück.
Damit kann die GDL wie geplant ab Mittwochmorgen um 2.00 Uhr den Personenverkehr bestreiken. Im Güterverkehr begann der Arbeitskampf bereits um 18.00 Uhr. Auch das Eisenbahnunternehmen Transdev wird von Mittwochmorgen bis Freitagabend bestreikt. Wie die Bahn scheiterte die im Regionalverkehr tätige Unternehmensgruppe mit dem Versuch, eine Einstweilige Verfügung zu erwirken.
«Wir kämpfen für bessere Arbeitszeitbedingungen, für bessere Löhne, und das steht uns zu», sagte GDL-Chef Claus Weselsky nach der Urteilsverkündung. Er sei es leid, dass der Gewerkschaft immer die Schuld für Streiks zugeschoben werde – es sei stattdessen der DB-Vorstand, der verantwortungslos handle. «Nur die Arbeitgeberseite kann Angebote machen, und das erwarten wir von der Deutschen Bahn», sagte Weselsky.
Die Bahn rief die GDL dagegen auf, «endlich den Weg des Kompromisses einschlagen». «Die GDL will eins zu eins ihre Forderungen durchsetzen, andernfalls streikt sie. So funktionieren Tarifverhandlungen aber nicht», sagte Florian Weh, Hauptgeschäftsführer des DB-Arbeitgebverbandes AGV Move.
Drei Tage Notfahrplan
Der Notfahrplan für den Fernverkehr der Deutschen Bahn sieht lediglich rund 20 Prozent des sonst üblichen Angebots vor, wie Bahn-Sprecherin Anja Bröker mitteilte. Das entspricht den Auswirkungen, die auch während der beiden vorherigen GDL-Warnstreiks aufgetreten waren. Auch nach Streikende dürfte es am Freitagabend noch Beeinträchtigungen geben. In der Regel versucht die Bahn, in solchen Situationen alles für einen guten Betriebsstart am nächsten Tag vorzubereiten, statt noch am Abend einzelne Züge wieder loszuschicken.
Der bundeseigene Konzern geht davon aus, dass der Lokführerstreik in dieser Woche Millionen Kundinnen und Kunden treffen wird. Die Auswirkungen im Regionalverkehr seien absehbar je nach Region sehr unterschiedlich, sagte Bröker. Die GDL ist regional unterschiedlich stark organisiert, das macht sich meist auch bei Streiks bemerkbar. Erfahrungsgemäß sind gerade in den ostdeutschen Bundesländern sowie im Südwesten viele Bahn-Beschäftigte GDL-Mitglieder.
Der Notfahrplan sowohl für den Fern- als auch den Regionalverkehr wurde in den Online-Fahrplanauskünften hinterlegt. Zudem wurde eine kostenlose Rufnummer (08000 996633) für Kundenfragen geschaltet.
Lange Staus im Güterverkehr erwartet
Besonders stark betroffen war von den jüngsten Arbeitskämpfen stets auch der Güterverkehr der Deutschen Bahn. Hunderte Züge stauten sich während der Ausstände und in den Tagen danach. Dass der Streik hier bereits begann, ist kein Zufall: Gerade nachts sind viele Güterzüge unterwegs – der etwas frühere Start der Arbeitsniederlegung sorgt entsprechend für mehr Wirkung.
Im Vergleich zum Personenverkehr hat die Bahn im Güterverkehr aber einen deutlich geringeren Marktanteil. «Der überwiegende Teil des Schienengüterverkehrs wird auch in den kommenden Tagen rollen», teilte deshalb der Wettbewerberverband Die Güterbahnen mit. «Viele Industrien und Handelsunternehmen werden erfahrungsgemäß nicht nur normal, sondern wegen des weniger belasteten Schienennetzes sogar pünktlicher versorgt.»
GDL mit ersten Erfolgen bei DB-Wettbewerbern
Seit Anfang November ringt die GDL mit der Bahn und anderen Eisenbahnunternehmen um höhere Tarife. Kern des aktuellen Tarifkonflikts ist aber die Forderung der Gewerkschaft nach einer Reduzierung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden. Die Bahn hält diese Forderung für unerfüllbar. Sie ist lediglich bereit, mit der Gewerkschaft über die Ausweitung bereits bestehender Arbeitszeit-Wahlmodelle zu reden.
Gewerkschaftschef Claus Weselsky lehnt das ab und verweist auf schon vereinbarte Abschlüsse mit den kleineren Eisenbahnunternehmen Netinera und Go Ahead. Dort hatte die GDL in den vergangenen Wochen die geforderte Arbeitszeitreduzierung durchgesetzt. Nach diesem Muster sollen nun auch die noch ausstehenden Abschlüsse gestaltet werden.
Weselsky verpasst letzten Zug nach Berlin
Im aktuellen Tarifstreit hat die GDL bereits zwei Mal zu Warnstreiks aufgerufen, die im Personenverkehr aber maximal 24 Stunden dauerten. Im Dezember hat die Gewerkschaft ihre Mitglieder per Urabstimmung über unbefristete Streiks abstimmen lassen. Rund 97 Prozent der Teilnehmer sprachen sich dafür aus. Seither sind längere Streiks möglich.
Der nun anstehende Ausstand trifft auch Gewerkschaftschef Weselsky: Der 64-Jährige harrte in Frankfurt bei der Verhandlung des Landesarbeitsgerichts aus, die länger dauerte als zunächst angenommen. «Der letzte Zug ist weg», sagte der Gewerkschafter nach der Urteilsverkündung. Er müsse nun andere Wege nach Berlin finden, um dort am Mittwoch den Lokführer-Streik anzuführen.
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