23. November 2024

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EU-Kommission senkt Konjunkturprognose zum dritten Mal

Wenig Kaufkraft, hohe Zinsen: Die EU-Wirtschaft ist schwächer als erwartet ins Jahr gestartet. Erneut senkt Brüssel die Konjunkturprognose. Auch für Deutschland sind die Erwartungen trüber.

Die Wirtschaft in der EU wird in diesem Jahr nach einer Prognose der Europäischen Kommission langsamer wachsen als zuletzt erwartet. Die Behörde senkte ihre Konjunkturprognose für 2024 das dritte Mal in Folge. Auch für Deutschland sind die Aussichten trüber geworden – die größte Volkswirtschaft Europas dürfte in diesem Jahr mit einem Miniwachstum Schlusslicht im Euroraum sein. Für Verbraucher gibt es aber gute Nachrichten: Die Experten in Brüssel gehen davon aus, dass sich die Inflation schneller abschwächt.

Für die EU rechnet die Kommission 2024 mit einem Wachstum von 0,9 Prozent. Im Herbst erwartete die Behörde noch 1,3 Prozent. Für die Eurozone prognostiziert die Kommission nun ein Wachstum von 0,8 Prozent (Herbst: 1,2 Prozent).

Schwächerer Jahresstart

Auch für das vergangene Jahr senkte die Kommission ihre Schätzung und geht von einem Wachstum von 0,5 Prozent in EU und Eurozone aus (vorher: 0,6 Prozent). «Nach einem schwierigen Jahr 2023 hat sich die europäische Wirtschaft etwas schwächer entwickelt als erwartet», sagte Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis. Die Erholung dürfte sich aber im Laufe des Jahres und bis 2025 allmählich beschleunigen. Die Inflation gehe weiter zurück. Reallohnzuwächse in Verbindung mit einem widerstandsfähigen Arbeitsmarkt dürften die Nachfrage der Verbraucher stützen, sagte Dombrovskis. Für 2025 wird für die Staatengemeinschaft ein Wachstum von 1,7 Prozent und für die Euroländer von 1,5 Prozent vorausgesagt.

Unsicherheiten bleiben

Allerdings stehe die Prognose vor dem Hintergrund verschiedener Risiken: «Geopolitische Spannungen, ein immer instabileres Klima und eine Reihe entscheidender Wahlen in diesem Jahr auf der ganzen Welt sind allesamt Faktoren, die die Unsicherheit in Bezug auf diese Aussicht erhöhen», sagte EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni.

So bestünden Unsicherheiten wegen der Gefahr einer weiteren Ausweitung des Konflikts im Nahen Osten, hieß es von der Kommission. Der Anstieg der Schifffahrtskosten als Folge der Schwierigkeiten im Roten Meer werde sich voraussichtlich nur geringfügig auf die Inflation auswirken. «Weitere Unterbrechungen könnten jedoch zu erneuten Versorgungsengpässen führen, die die Produktion abwürgen und Preise in die Höhe treiben könnten», hieß es.

Seit Beginn des Gaza-Krieges zwischen Israel und der islamistischen Hamas greifen die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen immer wieder Schiffe mit angeblich israelischer Verbindung im Roten Meer an. Große Reedereien meiden die Route. Etwa zehn Prozent des gesamten Welthandels laufen über das Rote Meer.  

Innerhalb der EU bleibe abzuwarten, wie sich etwa Konsum und Lohnwachstum entwickelten – ebenso wie die Zinsen. Daneben seien Klimarisiken und häufigeres Extremwetter weiter eine Bedrohung.

Schlusslicht Deutschland

Auch für Deutschland schraubte die EU-Kommission ihre Prognose herunter: Die Wirtschaft wird der Schätzung zufolge in diesem Jahr um 0,3 Prozent wachsen (Herbst: 0,8 Prozent). Gründe dafür sind etwa Fachkräftemangel und eine schwache Auslandsnachfrage. Ein so kleines Plus sagt die Behörde für kein anderes Euroland für dieses Jahr voraus. Auch mit Blick auf die gesamte Staatengemeinschaft ist Deutschland am Ende der Liste zu finden – einzig Schweden steht mit einem prognostiziertem Wachstum von 0,2 Prozent dahinter. Für das kommende Jahr geht die Kommission für Deutschland weiter von einem Plus von 1,2 Prozent aus.

Für dieses Jahr schaut die EU-Kommission dennoch ein kleines bisschen optimistischer auf Deutschland als die Bundesregierung: Diese geht für 2024 nur noch von einem Wachstum von 0,2 Prozent aus. Das sei «in keinster Weise befriedigend», sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck. Es müsse schnelle Entscheidungen darüber geben, was die Bundesregierung tun könne.

Die Aussichten für die deutsche Wirtschaft hatten sich für dieses Jahr eingetrübt. Viele Volkswirte senkten ihre Prognosen und gehen von einem Wachstum von teils deutlich weniger als einem Prozent aus. Der Internationale Währungsfonds stellte im Januar ein Wachstum von 0,5 Prozent in Aussicht. Die Industriestaatenorganisation OECD sagte in ihrer am Monatsanfang veröffentlichten Prognose einen Zuwachs von 0,3 Prozent voraus. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer rechnet bestenfalls mit einer Stagnation. Einige Volkswirte schließen auch einen Rückgang des Bruttoinlandsproduktes im Gesamtjahr nicht aus.

Lichtblick für Verbraucher

Mit Blick auf die Preisentwicklung gibt Brüssel gute Nachrichten für Verbraucherinnen und Verbraucher aus. Die jährliche Inflation in der Eurozone wird sich der Kommissionsschätzung zufolge schneller abschwächen als im Herbst erwartet – in der Eurozone von 5,4 Prozent 2023 auf 2,7 Prozent in diesem und 2,2 Prozent im kommenden Jahr.  Für Deutschland rechnet die Behörde mit 2,8 Prozent in diesem und 2,4 Prozent im kommenden Jahr.

Von Katharina Redanz, dpa