Warnstreiks an mehreren deutschen Flughäfen führen seit Donnerstagfrüh zu zahlreichen Flugausfällen. Bei der größten deutschen Fluggesellschaft Lufthansa ist der nächste Warnstreik des Bodenpersonals angelaufen; er soll bis Samstagmorgen (7.10 Uhr) dauern. Zudem legten an mehreren Flughäfen die Luftsicherheitskontrolleure die Arbeit nieder. Die Lufthansa will während des Warnstreiks 10 bis 20 Prozent ihres ursprünglichen Flugplans fliegen.
Umsteigen auf Züge ist für die Passagiere nur in Grenzen möglich: Bei der Deutschen Bahn streiken seit Donnerstagfrüh für 35 Stunden die Lokführer im Personenverkehr.
Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi am Frankfurter Flughafen lief der Lufthansa-Ausstand sehr erfolgreich an. An dem Flughafen können keine Passagiere einchecken, weil die Sicherheitskontrolle ebenfalls bestreikt wird. Nur das Umsteigen von einem Flugzeug in das andere ist möglich – die Lufthansa fliegt ein Notprogramm. Auch in Hamburg, Düsseldorf und Köln/Bonn legte das Kontrollpersonal die Arbeit nieder. Bei den beiden NRW-Flughäfen begann der Arbeitskampf ohne Ankündigung – sodass sich der Flughafen und seine Partner nicht darauf einstellen konnten.
Alle Passagiere, die für Donnerstag einen Flug ab Düsseldorf geplant hätten, seien gebeten, sich vor ihrer Anreise bei den Airlines oder den Reiseveranstaltern über ihren Flugstatus zu informieren, so der Flughafen. In Köln/Bonn soll insbesondere der Frachtverkehr empfindlich getroffen werden, Passagierflüge sollen nicht betroffen sein.
Hunderte bei Streikversammlung
Am Frankfurter Flughafen versammelten sich am Donnerstagmorgen mehrere Hundert Streikende auf einem Parkplatz zu einer Kundgebung. «Auch unsere Löhne sollen abheben», stand auf einem an der Bühne angebrachten Plakat. «Wir sind es wert», hieß es auf einem Banner am Gebäude schräg gegenüber. «Der ‚brave Boden‘ ist ein für allemal Geschichte», rief eine Rednerin begeistert. Nach der Kundgebung war eine Demonstration am Lufthansa-Gebäude geplant, wo die Bilanz-Pressekonferenz des Unternehmens stattfand.
In der sehr ruhigen Ankunftshalle des Frankfurter Terminal 1 mussten sich die gestrandeten Passagiere selbst helfen. Das Ehepaar Susana und Alexander Gerlach aus Düsseldorf saß nach der Ankunft aus Brasilien erstmal am Flughafen fest. «Wir haben vorgestern von der Lufthansa die Info bekommen, dass unser Anschlussflug gestrichen wurde», erzählte Susana Gerlach. Ein Zug nach Düsseldorf fahre wegen des Lokführer-Streiks nicht, die Mietwagen seien alle ausgebucht, nun würden sie von einer Bekannten mit dem Auto abgeholt. «Sie hat schon angerufen und gesagt, dass sie im Stau steht», ergänzte ihr Mann.
Bereits am Mittwochabend waren die technischen Abteilungen der Lufthansa in die inzwischen fünfte Warnstreikwelle gegangen, die am Morgen auf die passagiernahen Bereiche im Terminal ausgeweitet wurde. Verdi will auf diese Weise höhere Zugeständnisse des Managements bei den laufenden Tarifverhandlungen für rund 25.000 Beschäftigte des Bodenpersonals erzwingen. Auch bei den Verhandlungen mit den privaten Luftsicherheitsunternehmen geht es um rund 25.000 Leute.
Die Beeinträchtigungen nach Regionen
Frankfurt: Am Frankfurter Flughafen kamen wegen der fehlenden Sicherheitskontrollen keine Passagiere, die von Frankfurt aus abreisen wollen, in den Sicherheitsbereich des Flughafens. Es finden dennoch Starts und Landungen statt, sodass zumindest Transitgäste umsteigen konnten. Auch Ausstiege in Frankfurt sind möglich.
München: Der Flughafen München soll trotz des Warnstreiks beim Bodenpersonal am Donnerstag und Freitag geöffnet bleiben, es wird aber mit vielen Flugausfällen gerechnet. Am Donnerstag sollen laut Flughafen rund 500 von 800 Flügen entfallen.
Stuttgart: Am Stuttgarter Flughafen seien aufgrund des Warnstreiks am Donnerstag jeweils vier Lufthansa-Flüge von und nach München sowie Frankfurt annulliert worden, teilte eine Sprecherin des Flughafens am Mittwoch mit.
Berlin: Auch am Hauptstadtflughafen BER soll es laut Flugplan am Donnerstag und Freitag zu vielen Ausfällen bei Lufthansa-Flügen von und nach München und Frankfurt kommen.
Hamburg: Der Flughafenbetreiber hat alle 141 Abflüge für Donnerstag abgesagt. Für Freitag sind laut Flughafen jeweils 15 Ankünfte und Abflüge der Lufthansa annulliert worden.
Düsseldorf: An den Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn wurden wegen des Verdi-Warnstreiks fast alle Lufthansa-Verbindungen gestrichen, 13 weitere Flüge wurden wegen des unangekündigten Streiks des Sicherheitspersonals gestrichen.
Weitere Streiks möglich – auch bei den Flugbegleitern
Im laufenden Tarifkonflikt bei der Lufthansa fordert Verdi 12,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 500 Euro monatlich bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Außerdem soll es eine konzernweit einheitliche Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3000 Euro geben. Lufthansa verweist auf zurückliegende Lohnsteigerungen und hat für einen Zeitraum von 28 Monaten bislang 10 Prozent mehr Gehalt sowie die Inflationsausgleichsprämie angeboten. Die nächsten Verhandlungen sind für den 13. und 14. März angesetzt.
Die Passagiere der Lufthansa müssen in naher Zukunft auch mit Streiks einer weiteren Berufsgruppe rechnen. Wenige Wochen vor Beginn der Osterferien haben am Mittwoch die Flugbegleiter und Flugbegleiterinnen der Lufthansa und ihrer Regionaltochter Lufthansa Cityline bei einer Urabstimmung der Gewerkschaft Ufo für Streiks gestimmt. Wann mit Ausständen zu rechnen ist, blieb vorerst unklar.
Schäden für Lufthansa und Wirtschaft insgesamt
Die fortgesetzten Warnstreiks bei Lufthansa haben das Unternehmen nach seinen Angaben im laufenden Jahr bislang rund 100 Millionen Euro gekostet. Darüber hinaus hielten sich zahlreiche Kunden mit Buchungen zurück, sagte Finanzvorstand Remco Steenbergen am Donnerstag bei der Bilanzvorlage in Frankfurt.
Auch die angeschlagene deutsche Wirtschaft leidet nach Darstellung des Wirtschaftsforschers Clemens Fuest unter den wiederholten Streiks im Luftverkehr und bei der Bahn. «Das ist eine zusätzliche Belastung, die wir eigentlich nicht gebrauchen können», sagte der Leiter des Münchner Ifo-Instituts im ZDF-Morgenmagazin. «Die Wirtschaft schrumpft, und wenn so etwas noch dazu kommt, dann fehlen ja plötzlich Teile in der Produktion, die nicht geliefert werden können, oder es können Menschen nicht zu Meetings kommen, vielleicht auch nicht zur Arbeit.»
Fuest fügte hinzu: «Man muss aber sagen, dass in Deutschland die Gewerkschaften insgesamt sehr vernünftig sind.» In den zurückliegenden zehn Jahren habe es in Frankreich vier- bis fünfmal so viele Streiktage gegeben wie in Deutschland.
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