Der Schauspieler Ralf Moeller kann sich noch recht gut daran erinnern, was ihm einst prophezeit wurde – der Verfall. «Bei mir selbst haben die Leute immer gesagt: Warte mal ab, mit 55 Jahren wird der Bizeps bis zur Kniekehle hängen», sagt Moeller, eines der markanten Gesichter auf der Fitnessmesse Fibo in Köln.
«Und was war?», fragt der einstige Bodybuilder. Die Antwort ist an seinen Oberarmen zu sehen. «Mit 55 war der Bizeps noch da und auch mit 65», sagt Moeller, der bei der Messe immer mal wieder Werbetermine für Aussteller wahrnimmt, in diesem Jahr als «Fitness-Ikone». «Ich trainiere einen 30-Jährigen in Grund und Boden, was Ausdauer und Wiederholungszahlen angeht.»
Der gelernte Schwimmmeister aus Recklinghausen, der es als germanischer Schwertkämpfer im Hollywood-Film «Gladiator» (2000) zu Leinwand-Ruhm brachte, ist nicht der Einzige in seiner Altersklasse, der so selbstbewusst auftritt. Moeller ist Jahrgang 1959, er gehört damit zu den Babyboomern – also zu den geburtenstarken Jahrgängen von 1955 bis 1970, die in den kommenden Jahren in Rente gehen werden.
Viele haben nicht vor, das Leben dann in einem gemütlichen Ohrensessel ausklingen zu lassen. Sie wollen noch etwas erleben. Dafür braucht man zwar keinen Gladiator-Bizeps – aber fit, das sollte man schon sein. Der Fitnessbranche, die sich von Donnerstag bis Sonntag auf der Fibo trifft, eröffnet das viele Möglichkeiten.
Eine Million Senioren gehen ins Fitnessstudio
Nach Zahlen des Arbeitgeberverbandes deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen (DSSV) waren Ende vergangenen Jahres 11,3 Millionen Menschen Mitglied in einem Fitnessstudio in Deutschland, davon war knapp eine Million (8,7 Prozent) 60 Jahre alt oder älter. Die Quote war schon einmal höher (2019 lag sie bei 12,3 Prozent), den Knick führt der Verband auf die Corona-Pandemie zurück. «Als erhöhte Risikogruppe waren viele «Best Ager» verängstigt und finden nur schwerer als andere Altersgruppen den Weg zurück in die Fitness- und Gesundheitsanlagen», sagt Alexander Wulf vom DSSV. Die Verunsicherung scheine aber zunehmend überwunden zu sein. Es deute sich ein Anstieg der Nachfrage an.
«Wir gehen in den nächsten Jahren von einer hohen Nachfrage in dieser Altersgruppe aus. Gemessen an der Anzahl dieser Altersgruppe in Deutschland und verstärkt noch durch den demografischen Wandel ist das Potenzial enorm», erklärt der Verbandsvertreter. Denn die ältere Zielgruppe sei für Studios aus gleich mehreren Gründen attraktiv.
«Zum einen verfügen ältere Menschen oft über eine stabile finanzielle Situation und sind eher bereit, in ihre Gesundheit und Fitness zu investieren. Zum anderen sind sie motiviert, fit zu bleiben, um ihre Lebensqualität zu verbessern und das Risiko von altersbedingten Krankheiten zu reduzieren», sagt Wulf. Und, auch nicht ganz unwichtig: Als Rentner kann man sich den Tag anders einteilen – und den Studios Kunden in Stunden bescheren, in denen sie normalerweise nicht so stark ausgelastet sind. In vielen Studios gibt es bereits spezielle Kurse, die auf älteres Publikum zugeschnitten sind. Themen sind Mobilität, Gleichgewicht, Flexibilität, Kraft. Auch hier geht der DSSV von einem weiteren Zuwachs aus.
Studios erwarten künftig mehr ältere Menschen
Bei der Studiokette FitX ist die Anzahl der Ü60-Mitglieder in den vergangenen sieben Jahren um fast die Hälfte gestiegen, wie eine Firmensprecherin sagt. Zwar liegt ihr Anteil an der gesamten Mitgliedschaft noch immer im einstelligen Prozentbereich, das Beispiel aber zeigt: Die älteren Semester gewinnen wirtschaftlich an Bedeutung für die Fitness-Firmen. «Wir gehen davon aus, dass in Zukunft mehr Menschen über 60 in Fitnessstudios trainieren werden», sagt Firmensprecherin Johanna Pistor. Konkurrenten haben ebenfalls einen höheren Seniorenanteil als früher, der Zuwachs ist mitunter aber nur moderat: Bei Fitness First waren 2019 noch 9,9 Prozent der Mitglieder Ü60, inzwischen sind es 10,5 Prozent.
Die Wahrnehmung des Fitness-Sports ändere sich, auch bedingt durch die Pandemie, sagt FitX-Sprecherin Pistor. Vor Corona hätten Mitgliederbefragungen ergeben, dass Muskelaufbau und Gewichtsreduktion die Hauptmotivationen waren. Inzwischen gehe es mehr darum, etwas für die Gesundheit zu tun und sich nach dem Sport besser zu fühlen. Der Fokus auf Sport als Präventionsmaßnahme und als Möglichkeit, aktiv etwas für die Gesundheit zu tun, sei größer geworden. Mit Blick auf die ältere Kundschaft fügt Pistor hinzu: «Die durchschnittliche Lebenserwartung steigt immer weiter und Sport kann ein wichtiger Hebel sein, um auch im Alter noch so lange wie möglich fit und selbstständig zu sein.»
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