Quarkspeisen, Müslis, Limonaden: Bei vielen Fertigprodukten aus dem Supermarkt kommt eine angestrebte Verringerung von Zucker, Fett und Salz nach einer Auswertung für die Bundesregierung zu wenig voran. Die Ergebnisse zeigten, dass bisherige Änderungen der Rezepturen noch nicht ausreichten, um eine ausgewogene Ernährung im erforderlichen Umfang zu unterstützen, heißt es in einem am Donnerstag vorgelegten Bericht des bundeseigenen Max-Rubner-Instituts. Ernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) machte klar, dass die Hersteller nachlegen müssten. Verbraucherschützer forderten deutlich weitergehende Maßnahmen.
Erneut amtlich überprüft wurden jetzt die Fortschritte einer Strategie, die noch die Vorgängerregierung 2018 gestartet hatte. Danach verpflichteten sich mehrere Branchen auf freiwilliger Basis zu Reduktionszielen bei Zucker, Fett und Salz bis 2025. Um die Zusagen zu Änderungen bei den Zutaten zu beobachten, macht das Institut ein Monitoring und legte nach dem ersten Zwischenbericht 2020 nun einen zweiten vor.
Bisherige Bemühungen reichen nicht aus
Zentrales Ergebnis: Zucker-, Fett- und Salzgehalte seien in einigen Produktgruppen reduziert worden. Die Daten verdeutlichten aber auch, dass Reduktionsbemühungen «in den letzten Jahren teilweise nachgelassen haben oder zum Stillstand gekommen sind.» Bei einigen Produkten gebe es sogar Erhöhungen beim Nährstoffgehalt. Bei Produkten mit Kindermotiven auf der Packung hätten sich trotz teils erfolgter Reduktion vielfach weiter hohe Zuckergehalte gezeigt – und manchmal auch mehr Energie, Zucker und Fett als bei vergleichbaren Produkten ohne Kinderoptik.
Özdemir sagte: «Eine gute und ausgewogene Ernährung wird schwierig, wenn in verarbeiteten Lebensmitteln viel Zucker, Salz oder Fett enthalten ist.» Der neue Zwischenbericht mache leider deutlich, dass die bisherigen Reformulierungen nicht ausreichten. Daher sei das Institut beauftragt worden, wissenschaftlich unterlegte Reduktionsziele zu entwickeln. Auf dieser objektiven Grundlage werde das Ministerium weitere Änderungen von Rezepturen bei der Wirtschaft einfordern.
Beispiel Milchprodukte: Bei Joghurtzubereitungen sei «eine kontinuierliche Zuckerreduktion» sichtbar – im Vergleich zur ersten Zwischenbilanz um sechs Prozent, heißt es im Bericht. «Bei gesüßten Quarkzubereitungen fand hingegen seit 2019 keine statistisch signifikante Veränderung statt.» Die Zuckergehalte in gesüßten Milchprodukten mit Kinderoptik seien mit durchschnittlich 11,5 Gramm pro 100 Gramm 2022 weiterhin hoch, das Reduktionstempo habe sich verlangsamt.
Bei Getränken teils wieder höherer Zuckergehalt
Beispiel Getränke: Bei gesüßten Erfrischungsgetränken habe sich ein zunächst deutlicher Rückgang der Zuckergehalte zuletzt nicht fortgesetzt. Bei einigen Untergruppen wie Light-Limonaden und Wasser mit Aromen seien teils Erhöhungen im durchschnittlichen Zuckergehalt beobachtet worden. Bei gesüßten Getränken mit Kinderoptik habe es von 2018 bis 2022 keine signifikante Veränderung gegeben – die Zuckergehalte lagen demnach auch über dem Niveau der Gesamtstichprobe.
Beispiel Müsli und Co.: Bei Frühstückscerealien seien die Zuckergehalte gesunken – bis 2022 um 20 Prozent im Vergleich zu einer ersten Ausgangserhebung. Beobachtet wurde allerdings gleichzeitig eine Erhöhung des durchschnittlichen Fettgehaltes. Im Blick steht bei anderen Produkten auch der Salzgehalt. Der ging etwa bei Nudelsoßen von 2016 bis 2021 spürbar zurück – bei gefragten Bolognese-Soßen mit Fleisch um 15 Prozent. Bei hellen Nudelsoßen mit Käse oder Sahne seien aber trotz Reduzierungen weiter relativ hohe Energie- und Fettgehalte aufgefallen.
Kritik von Verbraucherorganisation
Die Verbraucherorganisation Foodwatch kritisierte: «Die lächerlichen Fortschritte bei der Reduktion von Zucker, Fett und Salz zeigen wieder einmal: Mit freiwilligen Selbstverpflichtungen der Lebensmittelindustrie allein kommen wir nicht weiter.» Die Regierung müsse endlich wirksame Maßnahmen auf den Weg bringen, um Diabetes und Adipositas in den Griff zu bekommen – etwa mit einer Limo-Steuer auf gesüßte Getränke und einem überfälligen Schutz von Kindern vor Junkfood-Werbung.
Die Zuckerwirtschaft erklärte, beim Kampf gegen Übergewicht müssten die Kalorien in den Mittelpunkt gestellt werden – da zeige der neue Bericht Lücken auf. Grünen-Expertin Renate Künast forderte: «Die Lebensmittelindustrie muss endlich liefern und das Angebot bei verarbeiteten Lebensmitteln – speziell auch für Kinder – verändern.» Außerdem müsse das Gesetz, das Kinder und Jugendliche vor Werbung für Zuckerbomben schütze, in die parlamentarische Beratung kommen. In der Koalition werden Pläne für Werbeverbote, die Özdemir vor mehr als einem Jahr vorlegte, von der FDP blockiert.
Ähnliche Beiträge
Frankreich startet Kennzeichnungspflicht für Mogelpackungen
Aktivität in Chinas produzierendem Gewerbe weiter rückläufig
Italien erwartet 6,5 Millionen Urlauber aus Deutschland