Nach der Zinssenkung der Europäischen Zentralbank dämpft Bundesbank-Präsident Joachim Nagel die Erwartungen. «Wir müssen vorsichtig bleiben. Denn die Unsicherheit über die künftige Wirtschafts- und Preisentwicklung ist nach wie vor groß», sagte Nagel einem vorab veröffentlichen Redetext zufolge am Montag in Leipzig in der Hauptverwaltung der Bundesbank für Sachsen und Thüringen.
«Ich sehe uns nicht auf einem Berggipfel, von dem es zwangsläufig nach unten geht. Ich sehe uns eher auf einem Bergrücken, an dem wir den richtigen Punkt für den weiteren Abstieg noch finden müssen.»
Die Euro-Währungshüter hatten in ihrer Sitzung am Donnerstag die erste Zinssenkung seit der Inflationswelle beschlossen. Nach knapp neun Monaten auf Rekordhoch verringerte die Europäische Zentralbank (EZB) den Einlagenzins, den Banken für geparkte Gelder erhalten, um 0,25 Prozentpunkte auf 3,75 Prozent. Der Zins, zu dem sich Kreditinstitute frisches Geld bei der Notenbank besorgen können, sinkt von 4,5 Prozent auf 4,25 Prozent. Niedrigere Leitzinsen sind gut für die Konjunktur, weil Kredite tendenziell günstiger werden.
Um die nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine stark gestiegene Inflation in den Griff zu bekommen, hatte die EZB seit Juli 2022 zehnmal in Folge die Zinsen nach oben geschraubt, ehe sie eine Pause einlegte. Zuletzt hat die Teuerung im Euroraum wieder an Tempo gewonnen: Im Mai stiegen die Verbraucherpreise zum Vorjahresmonat um 2,6 Prozent nach 2,4 Prozent im April. Vom Rekordhoch bei 10,7 Prozent im Herbst 2022 ist die Inflation inzwischen weit entfernt. Höhere Teuerungsraten schmälern die Kaufkraft von Verbrauchern. Die EZB strebt für den Euroraum mittelfristig Preisstabilität bei jährlich zwei Prozent Inflation an. Die Rückkehr zum Zielwert sei jedoch «kein Selbstläufer», sagte Nagel.
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