Aus dem neuen europäischen Corona-Aufbaufonds sollen möglichst rasch die ersten Hilfen fließen, um die wirtschaftliche Erholung zu unterstützen.
Die portugiesische EU-Ratspräsidentschaft appellierte am Dienstag an alle 27 Mitgliedsstaaten, bis April die EU-Schuldenaufnahme für den Fonds formal zu billigen. Bisher hätten dies erst sechs Länder getan, sagte der portugiesische Finanzminister Joao Leao nach Beratungen mit seinen EU-Kollegen.
Der Aufbaufonds ist das Herzstück der europäischen Corona-Krisenhilfen im Umfang von insgesamt 750 Milliarden Euro. Der Fonds soll mit Hilfe gemeinsamer Schulden mit 672,5 Milliarden Euro gefüllt werden. Vorher müssen aber alle EU-Staaten die Rechtsgrundlage für die gemeinsamen Schulden ratifizieren, den sogenannten Eigenmittelbeschluss.
EU-Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis sagte: «Das Geld sollte so schnell wie möglich fließen.» Ab Freitag dieser Woche könnten die EU-Staaten ihre Anträge stellen. Da für die Prüfung und Billigung bis zu drei Monate vorgesehen seien, könnten erste Hilfen im Juni ausgezahlt werden. Deutschland stehen Schätzungen zufolge in den nächsten Jahren 22,7 Milliarden Euro in Aussicht.
Dombrovskis bekräftigte die Erwartung, dass im zweiten Quartal die wirtschaftliche Erholung beginnt und dann in zweiten Halbjahr Fahrt aufnimmt. «Die jüngste Konjunkturprognose der Kommission zeigt: Endlich schaffen wir die Wende, um die Wirtschaftskrise zu überwinden», sagte Dombrovskis.
Die 27 EU-Staaten erarbeiten derzeit ihre Pläne, wie das Geld aus dem RRF genannten Aufbaufonds verwendet werden soll. Dazu gibt es detaillierte Vorgaben. So müssen mindestens 37 Prozent des Geldes für Klimaschutz verplant werden und weitere 20 Prozent für Digitales. Das Münchner Ifo-Institut plädiert allerdings für Korrekturen: Es müssten mehr Projekte mit EU-weiter Bedeutung und europäischem Mehrwert gefördert werden, forderte Ifo-Chef Clemens Fuest.
Vertagt haben die EU-Staaten die Aufnahme der Türkei auf die Schwarze Liste der Steueroasen – also der Länder, die aus Sicht der EU Steuerflucht begünstigen und nicht mit der EU zusammenarbeiten. Die EU-Staaten hätten sich dagegen entschieden, weil es Fortschritte bei der Steuerkooperation mit der Türkei gebe, sagte Finanzminister Leao.
Der Grünen-Politiker Sven Giegold kritisierte dies. «Die Türkei gehört auf die europäische Liste der Steueroasen», meinte Giegold. Der Aufschub sei eine Einladung zur Steuerhinterziehung. Das Vorgehen der EU-Staaten gegen Steuerflucht sei unglaubwürdig und erfolglos. Der CSU-Europapolitiker Markus Ferber äußerte sich ganz ähnlich. «Die Uhr für die Türkei ist abgelaufen», erklärte Ferber. Die EU mache nur Zugeständnisse, weil es sich um ein großes Nachbarland handele.
Auf der Schwarzen Liste sind derzeit zwölf Staaten, darunter Panama, Barbados, Fidschi oder die Seychellen. Die Türkei bleibt auf der sogenannten Grauen Liste der Länder, die «noch nicht alle internationalen Steuerstandards erfüllen, aber Reformen zugesagt haben».
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