Der letzte Auftritt von Kasper Rorsted in seiner Funktion als Adidas-Vorstandschef dauerte nur einige Minuten: Ein paar Worte des Dankes, ein bisschen Rückblick auf das in sechs Jahren Geleistete und natürlich der obligatorische Glückwunsch an den Nachfolger Björn Gulden, der bei Puma einen «grandiosen Job» gemacht habe – dann war es für Kasper Rorsted vorbei.
Am Freitag wird Finanzvorstand Harm Ohlmeyer offiziell übernehmen, bevor zum Jahresstart 2023 Gulden kommt und für frischen Wind sorgen soll. An der Börse gab es bereits Vorschusslorbeer – die Adidas-Papiere stieg seit Bekanntwerden der Personalie am vergangenen Freitag um bis zu 30 Prozent.
Frischer Wind ist nötig
Warum frischer Wind nötig sein wird, zeigte Ohlmeyer, als er die Adidas-Zahlen für die ersten neun Monate des laufenden Jahres und speziell für das dritte Quartal präsentierte. Der Nettogewinn brach im Zeitraum von Juli bis September von 479 auf 66 Millionen Euro geradezu ein – obwohl die Umsätze mit 6,4 Milliarden Euro sogar um elf Prozent höher lagen als im Vorjahreszeitraum. Für das Gesamtjahr erwartet Ohlmeyer einen Gewinn von rund 250 Millionen Euro – ursprünglich war man von 500 Millionen Euro ausgegangen.
Im nächsten Jahr will Adidas unter anderem den Rotstift ansetzen, um wieder besser in Schwung zu kommen. Ein Sparprogramm soll ein Volumen von 700 Millionen Euro haben. Das China-Geschäft, das im dritten Quartal um 27 Prozent hinter dem Vorjahreszeitraum geblieben war, soll zurechtgestutzt und neu ausgerichtet werden. Der Konzern werde etwa versuchen, die Lagerhaltung zu verkleinern und weniger profitable Läden weltweit zu schließen.
Ende der Partnerschaft mit Kanye West
Das abrupte Ende der Partnerschaft mit dem umstrittenen US-Rapper Kanye «Ye» West reißt allein eine Lücke von bis zu 250 Millionen Euro beim Jahres-Nettogewinn, sagte Ohlmeyer. Da das Geschäft mit den teils sehr hochpreisigen Produkten des Musikers («Yeezy») im vierten Quartal wegfällt und dieses traditionell zum Jahresabschluss besonders stark ist, rechnet Adidas beim Umsatz jetzt nur noch mit einem um Währungseffekte bereinigten Plus im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Hinzu kämen aber andere Einmaleffekte, die in diesem Jahr besonders zum Tragen gekommen seien und sich auf 500 Millionen Euro im Gesamtjahr summierten – darunter vor allem der Abschied vom Russland-Geschäft.
Einen Umsatzschub im Volumen von 400 Millionen Euro erhofft sich Adidas von der bevorstehenden Fußball-WM in Katar. Das Unternehmen habe rund 100 Fußballer und einen guten Teil der Teams unter Vertrag. «Ich freue mich sehr auf den ersten Anpfiff», sagte Ohlmeyer. «Unsere Produkte werden auf der größten Bühne der Welt omnipräsent sein.»
Adidas hatte erst am 20. Oktober vor allem wegen der Probleme in China und der Kaufzurückhaltung infolge der hohen Inflation wieder einmal die Umsatz- und Margenprognosen gesenkt und damit die Aktie auf Talfahrt geschickt. Wenige Tage danach musste das Unternehmen die Partnerschaft mit Kanye «Ye» West unter anderem wegen antisemitischer Äußerungen des US-Rappers beenden.
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