Die Vorsitzenden der drei Ampel-Fraktionen im Bundestag haben angesichts der anhaltenden Bauern-Proteste die Spitzen der Landwirtschaftsverbände für Montag zu einem Gespräch eingeladen. Ein entsprechendes Schreiben verschickten die Fraktionschefs Rolf Mützenich (SPD), Britta Haßelmann (Grüne) und Christian Dürr (FDP) bereits am Mittwochnachmittag an die Verbände.
«Bei den aktuellen Demonstrationen wird deutlich, dass es Ihrem Berufsstand jedoch nicht nur um finanzielle Belastungen geht, sondern auch um fehlende Planungssicherheit und wirtschaftliche Perspektiven für die landwirtschaftlichen Betriebe», heißt es in der Einladung, die der Deutschen-Presse-Agentur vorliegt. «Uns ist es wichtig, zu diesen Fragen mit Vertreterinnen und Vertretern der Landwirtschaft in direktem Dialog zu bleiben.»
Verbandsspitzen sollen ohne Begleitung zum Termin kommen
Die Ampel-Regierung hat mit ihren Plänen für den Abbau der Steuervergünstigungen für Agrardiesel einen Proteststurm der Bauern ausgelöst, der auch durch Zugeständnisse der Regierung nicht gestoppt werden konnte. Derzeit läuft eine Aktionswoche, deren Höhepunkt am kommenden Montag eine Großdemonstration in Berlin sein soll.
Für diesen Tag haben nun die Ampel-Fraktionschefs insgesamt acht Verbände zum Gespräch eingeladen. Die Vorstände werden in dem Einladungsschreiben vorsorglich aufgerufen, alleine zu dem Treffen zu kommen: «Um einen vertrauensvollen Austausch in entsprechender Gesprächsatmosphäre einrichten zu können, bitten wir Sie von Begleitungen zu diesem Termin abzusehen.»
Positive Reaktion auf Gesprächsangebot
Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) begrüßte in einer ersten Reaktion die Initiative der Ampel. Ihr Vorsitzender Martin Schulz rief die Regierung und die Fraktionsspitzen dazu auf, «das Ruder in der Agrarpolitik endlich herumzureißen».
Der Bauernverband gibt sich mit der von der Regierung vorgenommene Entschärfung der Subventionskürzungen weiterhin nicht zufrieden. Präsident Joachim Rukwied setzt auf das noch bevorstehende parlamentarische Verfahren, das in der nächsten Woche beginnt. «Jetzt ist es an der Bundesregierung und an den Fraktionen im Deutschen Bundestag, diese Proteste zu beenden», sagte er der dpa. «Ein fauler Kompromiss, wie er derzeit auf dem Tisch liegt, kann keine Lösung sein – denn der wird keinen Traktor von der Straße holen.» Die Fraktionen müssten nun intensiv darüber beraten, «wie die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft erhalten bleiben kann und wie die Proteste beendet werden können».
Scholz wird in Cottbus von protestierenden Bauern empfangen
Am Donnerstag gingen die Aktionen der Bauern zunächst unvermindert weiter. In Cottbus war Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) unmittelbar davon betroffen. Beim Besuch eines neuen Bahnwerks wurde er in der brandenburgischen Stadt mit lautem Protest von demonstrierenden Bauern empfangen. Die Polizei leitete eine Traktorenkolonne an dem Werk vorbei. Die Halle des Bahnwerks war abgesperrt, die Bauern kamen mit den Traktoren nicht heran.
Scholz hatte bereits am Mittwoch angekündigt, am Rande der Werks-Eröffnung mit Brandenburgs Landesbauernpräsident Henrik Wendorff sprechen zu wollen. Anschließend nimmt er an der Klausurtagung der SPD-Fraktion in Berlin teil.
Die Bundesregierung plant, die seit mehr als 70 Jahren bestehende Steuervergünstigung beim Agrardiesel nicht mehr auf einen Schlag abzuschaffen, sondern schrittweise über drei Jahre auslaufen zu lassen. Eine vorgesehene Streichung der Kfz-Steuerbefreiung für Landwirte hat die Koalition bereits ganz zurückgenommen. Der Bauernverband hat die bisherigen Korrekturen als nicht ausreichend bezeichnet. Der Bundestag muss den Plänen noch zustimmen.
Esken macht Bauern keine Hoffnung
Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken machte den Bauern keine Hoffnung darauf, dass sich die Ampel-Koalition noch bewegen wird. «Wir haben uns jetzt darauf verständigt, diese Subvention beim Agrardiesel Schritt für Schritt abzuschmelzen – da sollten wir auch bei bleiben», sagte Esken im RTL/ntv-«Frühstart». Es gehe darum, klimaschädliche Subventionen abzubauen. Dies gelte unter dem Eindruck des Haushalts, es sei aber auch ein generelles Ziel der Ampel-Koalition.
Esken rief die Landwirte zur Mäßigung bei den Protesten auf. Diese seien im Rahmen des Demonstrationsrechts zwar in Ordnung. «Im gleichen Moment muss man sich immer fragen, ob man mit seinen Aktionen eigentlich noch die Sympathie der Bevölkerung erreichen kann, wenn man so nervt, dass eben die Schulen, die Betriebe nicht mehr erreicht werden können», sagte die SPD-Chefin. Zudem könnten die Proteste eine Gefahr für die Arbeit von Rettungs- oder Pflegediensten sein. «Ich glaube, die Bauern kommen am Ende selbst zu der Bewertung, dass man es nicht übertreiben darf.»
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