Die geplante staatliche Gasumlage zur Stützung großer Energieimporteure sorgt auch in der Regierungskoalition für wachsende Spannungen. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zu einer Korrektur aufgefordert. «Die Gasumlage in der jetzigen Form ist außerordentlich problematisch. Die finanzielle Lage eines Unternehmens ist derzeit völlig unberücksichtigt», sagte Djir-Sarai der Deutschen Presse-Agentur.
Die Umlage sollte aber nicht dazu führen, dass ein Unternehmen zusätzlich daran verdiene. Sie solle denen zugute kommen, die in der aktuellen Situation in eine schwierige wirtschaftliche Situation gekommen seien. «Auch die Frage nach der Systemrelevanz eines Unternehmens muss im Fokus der Bewertung stehen. Ohne diese Kriterien, bleibt die Gasumlage eine Fehlkonstruktion», warnte Djir-Sarai. Der Bundeswirtschaftsminister sei «dringend aufgefordert, zu handeln».
Klingbeil sieht handwerkliche Fehler
SPD-Chef Lars Klingbeil warf Habeck unterdessen handwerkliche Fehler vor und forderte statt «schöner Worte» Korrekturen und eine Politik mit Substanz. Die Bundesregierung hatte zuletzt Korrekturen bei der Gasumlage in Aussicht gestellt.
Aus der Opposition sowie von Ökonomen und Wirtschaftsverbänden kommen aber weiterhin Forderungen nach einer Reform oder einem kompletten Verzicht auf die Umlage, die Privathaushalte und Industrie ab Oktober zahlen sollen.
Die Umlage soll die wegen knapper russischer Gaslieferungen stark gestiegenen Kosten von Großimporteuren ausgleichen, um diese vor einer Pleite und das deutsche Energiesystem vor dem Kollaps zu bewahren. Alle Gaskunden sollen dafür zusätzlich 2,4 Cent pro Kilowattstunde bezahlen. Kritisiert wird vor allem, dass auch Firmen profitieren könnten, denen es wirtschaftlich gut geht. Deshalb prüft die Bundesregierung nun Korrekturen. Dies gilt allerdings als juristisch kompliziert.
Klingbeil sagte, zweifelsohne habe Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) einen interessanten Kommunikationsstil. «Und natürlich merken wir, dass das in der Öffentlichkeit gut ankommt», sagte der SPD-Chef «Zeit online». Am Ende zählten in der Politik aber nicht nur schöne Worte: «Es muss vor allem die Substanz stimmen. Daran werden wir gemessen.» Deshalb sei es wichtig, die handwerklichen Fehler gemeinsam auszuräumen: «Es kann nicht sein, dass Unternehmen, die in der Krise Milliarden verdient haben, noch Milliarden an Steuergeld kassieren.»
Auch FDP-Fraktionschef Christian Dürr betonte: «Die Gasumlage darf auf keinen Fall zu Extrarenditen bei Unternehmen führen. Wir müssen aufpassen, dass gut gemeinte Regelungen sich nicht ins Gegenteil verkehren», sagte Dürr am Samstag. Es gehe jetzt darum, in einer akuten Notlage so viel Gas wie möglich einzusparen. «Eine Laufzeitverlängerung der verbliebenen Kernkraftwerke würde in großem Umfang helfen, den Gasverbrauch in der Stromproduktion zu senken und die Preise am Strommarkt wieder nach unten zu bringen.»
Forderung nach Nachschärfung der Kriterien
Die FDP schlägt ein gestuftes Prüfverfahren vor. Der Empfängerkreis sollte so eingeschränkt werden, dass nur Firmen Ausgleichszahlungen beanspruchen können, die in eine wirtschaftliche Schieflage geraten sind und bei denen dies auch festgestellt worden ist, sagte der FDP-Energieexperte Michael Kruse der «Rheinischen Post».
Auch das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) fordert, Kriterien nachzuschärfen und stärker die finanzielle Situation der Unternehmen und ihre Systemrelevanz zu berücksichtigen. Im Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) nannten die Ökonomen zugleich die Idee grundsätzlich richtig, die zusätzlichen Kosten der Gasbeschaffung über eine Umlage solidarisch aufzuteilen.
Der Präsident des RWI-Leibniz-Institutes, Christoph Schmidt, hält die Gasumlage «im bisherigen Zuschnitt für wenig zielgerichtet». «Es wäre ökonomisch sinnvoller, die wenigen Unternehmen, die tatsächlich in extremen Schwierigkeiten stecken, wie vor allem Uniper, gezielt zu stützen, unabhängig davon, ob dies durch eine Umlage bei den Gasverbrauchern oder mit Steuermitteln finanziert wird», sagte er der «Rheinischen Post».
Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter sprach sich im RND dafür aus, die Gasumlage fallen zu lassen. Für eine Entlastung der Bürger sollte das Geld aus einer neu einzuführenden «Übergewinnsteuer» verteilt werden. Auch Präsident des Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, ist für einen Verzicht auf die Umlage. «Man sollte sie einstampfen, was soll dieser ganze Unsinn?», sagte er den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Es sei davon auszugehen, dass die Mehrwertsteuersenkung die Lasten durch die Umlage nicht vollständig ausgleiche.» Die Zahl der Haushalte, bei denen der Wohnkostenanteil bei mehr als 40 oder gar 50 Prozent des Einkommens liege, steige – was insbesondere mit dem Anstieg der Heizkosten zu tun habe: «Das hängt damit zusammen, dass jetzt bereits die Nebenkosten-Vorauszahlungen angepasst werden.»
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