Nach fünf Anstiegen in Folge hat sich der Preisauftrieb in Deutschland etwas verlangsamt. Die Jahresinflationsrate lag im Juni bei 2,3 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag anhand vorläufiger Daten mitteilte.
Im Mai war noch eine Rate von 2,5 Prozent in Europas größter Volkswirtschaft gemessen worden. Das war der höchste Stand seit fast zehn Jahren. Ökonomen sehen in den Juni-Daten allerdings nur eine Pause auf dem weiteren Weg nach oben im Laufe dieses Jahres.
Angeheizt wird die Inflation weiterhin vor allem vom Anstieg der Energiepreise, die gegenüber Juni 2020 um 9,4 Prozent zulegten. Mit der Konjunkturerholung steigt weltweit die Nachfrage nach Rohöl, das treibt den Preis nach oben. Zudem ist seit Anfang 2021 in Deutschland eine Abgabe von 25 Euro je Tonne ausgestoßenem Kohlendioxid (CO2) fällig, das beim Verbrennen von Diesel, Benzin, Heizöl und Erdgas entsteht.
Commerzbank-Volkswirt Marco Wagner zufolge haben sich auch Kleidung, Übernachtungen sowie Restaurantbesuche merklich verteuert. «In den kommenden Monaten wird die Inflationsrate noch einmal spürbar zulegen und gegen Ende des Jahres fast 4 Prozent betragen», erwartet Wagner. Dabei spielt auch eine Rolle, dass in der Corona-Krise vom 1. Juli 2020 an die Mehrwertsteuer für ein halbes Jahr gesenkt worden war. Nach Auslaufen der Sondereffekte dürfte die Teuerungsrate 2022 Wagner zufolge wieder deutlich niedriger sein.
DZ Bank-Chefvolkswirt Michael Holstein sprach von einer «kurzen Verschnaufpause». Bereits im Juli könnte die Drei-Prozent-Marke geknackt werden. Im kommenden Jahr dürfte die Teuerungsrate aber wieder unter zwei Prozent sinken.
Nach zeitweise negativen Raten in der zweiten Jahreshälfte 2020 hatte die Teuerung in Deutschland seit Beginn des laufenden Jahres angezogen. Im März hatte die Rate bei 1,7 Prozent gelegen, im April waren es 2,0 Prozent und im Mai 2,5 Prozent. Von Mai auf Juni 2021 stiegen die Verbraucherpreise nach vorläufigen Angaben der Wiesbadener Behörde um 0,4 Prozent.
Für Sparer ist die anziehende Inflation bitter. Nach Berechnungen der Commerzbank-Tochter Comdirect lag der Realzins – also der Zins für Spareinlagen nach Abzug der Teuerungsrate – zweiten Quartal 2021 auf dem historischen Tief von minus 2,17 Prozent. Demnach verloren Sparer in Deutschland insgesamt im ersten Halbjahr mehr als 22 Milliarden Euro wegen niedrig verzinster Einlagen.
Der harmonisierte Verbraucherpreisindex HVPI, den die Europäische Zentralbank (EZB) für ihre Geldpolitik heranzieht, lag in Deutschland im Juni um 2,1 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats und um 0,4 Prozent über dem Stand von Mai 2021.
Die EZB strebt mittelfristig für den gesamten Euroraum eine Jahresteuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent an – weit genug entfernt von der Nullmarke. Denn dauerhaft niedrige Preise gelten als Risiko für die Konjunktur: Unternehmen und Verbraucher könnten dann Investitionen aufschieben – in der Hoffnung, dass es bald noch billiger wird. Im Mai war die Inflation im gemeinsamen Währungsraum knapp über das EZB-Ziel gestiegen. Die Verbraucherpreise erhöhten sich nach jüngsten Daten des Statistikamtes Eurostat gegenüber dem Vorjahresmonat um 2,0 Prozent.
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