22. November 2024

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Arbeitsmarkt 2022 stabil – Fachkräftemangel im Fokus

Gefühlt schlitterte die deutsche Wirtschaft 2022 von einer Krise zur nächsten. Der Arbeitsmarkt reagierte mit leichten Ausschlägen nach oben und unten, aber nicht dramatisch. Was wird 2023 bringen?

Als Stabilitätsfaktor in schwierigen Zeiten – so sieht die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, den deutschen Arbeitsmarkt. 2022 brachte nach der Corona-Pandemie mit Ukraine-Krieg, Energie-Krise und Inflation gleich mehrere Herausforderungen, die Spuren am Arbeitsmarkt hinterließen. Doch diese seien angesichts der enormen Belastungen moderat gewesen, sagte sie am Dienstag in Nürnberg. «Wir haben auch hier gesehen, wie sich Wirtschaft und Arbeitsmarkt doch zunehmend entkoppeln.»

Im Dezember war die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland wegen der Winterpause im Vergleich zum Vormonat um 20.000 auf 2,454 Millionen gestiegen – und lag damit leicht über den Jahresdurchschnitt 2022 von 2,418 Millionen. Die Arbeitslosenquote erhöhte sich zum Vormonat um 0,1 Prozentpunkte auf 5,4 Prozent. «Die positive Nachricht zum neuen Jahr ist: Der Arbeitsmarkt bleibt trotz angespannter wirtschaftlicher Lage auch am Jahresende 2022 stabil», sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD).

Erwerbstätigkeit auf höchstem Stand seit 1990

Im Dezember nimmt die Zahl der Arbeitslosen üblicherweise zu, weil unter anderem befristete Verträge in der Regel zum Jahresende auslaufen und Unternehmen in dem Monat weniger neue Beschäftigte einstellen. Bereinigt um saisonale Einflüsse ging die Zahl der Arbeitslosen um 13.000 zurück. Die Bundesagentur hat für ihre Dezemberstatistik Daten herangezogen, die bis zum 14. Dezember vorlagen.

«Besonders erfreulich ist, dass die Erwerbstätigkeit den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung im Jahr 1990 erreicht hat», betonte Heil. Rund 45,6 Millionen Menschen hatten 2022 nach Angaben des Statistischen Bundesamts ihren Arbeitsort in Deutschland. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nahm nach Berechnungen der Bundesagentur für Arbeit im Oktober 2022 im Vorjahresvergleich um rund 530.000 auf 34,9 Millionen zu.

Beschäftigungsaufbau gebe es in nahezu allen Bundesländern und Branchen, erläuterte Nahles. Eine wichtige Rolle spielten dabei Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit. «Ihr Anteil am Beschäftigungswachstum ist in den letzten Monaten auf 80 Prozent gestiegen. Sie machen also den größten Anteil dieses Wachstums aus», sagte Nahles.

Arbeitsmarkt entwickelt sich positiv

Trotz der wirtschaftlichen Unsicherheit steht der Arbeitsmarkt 2022 im Jahresschnitt besser da als im Jahr zuvor: 2021 lag die Zahl der Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt um 195.000 höher. Allerdings zeigten sich die Folgen von Ukraine-Krieg und Energiekrise ab der Jahresmitte 2022 deutlich. So sorgten ukrainische Geflüchtete in der Statistik zu einem Anstieg bei Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung, wo Menschen in Maßnahmen wie Integrationskursen erfasst werden. Auch die Nachfrage nach neuem Personal ließ spürbar nach – allerdings auf hohem Niveau.

Zuletzt nahmen wieder merklich mehr Beschäftigte Kurzarbeitergeld in Anspruch. Aktuelle Daten dazu liegen der Bundesagentur bis Oktober 2022 vor. Demnach erhielten in dem Monat 163.000 Beschäftige konjunkturelles Kurzarbeitergeld. Vom 1. Dezember bis 28. Dezember zeigten Unternehmen für 91.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Kurzarbeit an. Im Jahresdurchschnitt schätzt die Behörde die Zahl der Kurzarbeiter auf rund 430.000, was deutlich weniger als die 1,85 Millionen im Vorjahr ist, aber immer noch über dem Jahresdurchschnitt des Vor-Corona-Jahrs 2019 liegt.

«Die arbeitsmarktpolitische Debatte hat sich gedreht», teilte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger mit Blick auf die aktuellen Zahlen mit. «Nicht mehr Arbeitslosigkeit, sondern Fach- und Arbeitskräftemangel sowie Kompetenzanpassungen für Beschäftigte sind die aktuellen Herausforderungen.» Auch Bundesagentur-Chefin Nahles sieht die Fachkräftegewinnung im Inland und durch Zuwanderung aus Drittstaaten als eines der zentralen Themen in diesem Jahr. 2023 solle deshalb auch ein Fokus darauf liegen, wieder mehr junge Leute für duale Ausbildung zu gewinnen, sagte sie.

Von Irena Güttel, dpa