Das Abschleppen eines Autos ist an sich schon teuer und ärgerlich für Halter und Halterinnen – dazu kommen oft noch Standgebühren. Im Rechtsstreit zu einem Fall aus Sachsen, bei dem sich allein diese Verwahrkosten auf 4935 Euro summiert hatten, hat am Freitag der Bundesgerichtshof (BGH) ein Urteil gesprochen.
Die schlechte Nachricht für betroffene Besitzer zuerst: Grundsätzlich dürfen Kosten, die im Zusammenhang mit der Verwahrung des Fahrzeugs im Anschluss an den Abschleppvorgang entstehen, in Rechnung gestellt werden, entschied der fünfte Zivilsenat in Karlsruhe.
Die gute Nachricht: Ohne weiteres ist das aber nicht möglich. Zum einen muss dem Urteil zufolge der Grundstücksbesitzer, auf dessen Gelände der Wagen unerlaubt abgestellt wurde, oder stellvertretend die Abschleppfirma den Halter des Fahrzeugs unmittelbar im Anschluss über den Abschleppvorgang informieren. Zum anderen sei der Erstattungsanspruch zeitlich begrenzt, bis zu dem Moment, wenn der Halter die Herausgabe seines Wagens verlangt.
Wenn das Unternehmen dann allerdings anbietet, den Wagen im Gegenzug für die bis dahin entstandenen Kosten herauszugeben und der Halter diese nicht zahlen kann oder will, könnten die Verwahrkosten weiter steigen. Wie hoch Standgebühren sein dürfen, legte der BGH nicht fest. Die Rede war von «ortsüblichen Kosten».
Regionale Unterschiede bei den Kosten
Der Automobilclub ADAC hat keine Übersicht über die Spannbreite der Standgebühren für abgeschleppte Fahrzeuge in Deutschland. «Tatsächlich können die Verwahrkosten regional aber stark variieren.»
Um die Kosten zu reduzieren, sei eher anzuraten, den geforderten Betrag zu zahlen beziehungsweise zu hinterlegen – selbst dann, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschleppmaßnahme oder an der Höhe der Abschleppkosten bestehen. Im Anschluss könnten immer noch Rückforderungsansprüche gegen den Grundstücksbesitzer gerichtet werden, teilte ein ADAC-Sprecher nach der Urteilsverkündung mit.
Dass der Grundstücksbesitzer unmittelbar den Halter des falschparkenden Pkw über das Abschleppen informiert, ist nach Einschätzung des ADAC in den meisten Fällen schwer umsetzbar. Denn dazu müsse er gegen Gebühr beim Verkehrszentralregister in Flensburg die Halterdaten erfragen. «In der Regel hat sich der Halter bis dahin längst beim Grundstücksbesitzer bzw. dem Abschlepper gemeldet.»
Im konkreten Fall aus Sachsen hatte der Fahrzeughalter wenige Tage nach dem Abschleppen die Herausgabe seines Autos verlangt. Die Firma verweigerte dies aber, solange die Abschleppkosten von rund 270 Euro und Standgebühren von 15,00 Euro pro Tag nicht bezahlt würden.
ADAC: Ein Einzelfall
Während sich der Streit über die Zahlung der Kosten hinzog, stand der Wagen auf dem Firmengelände. Und stand. Und stand. So wuchs die Summe immer weiter. Als am Landgericht Dresden verhandelt und der Wagen herausgegeben wurde, war er seit 329 Tagen auf dem Gelände der Abschleppfirma gewesen – so ergibt sich der Betrag von 4935 Euro.
Das Dresdner Oberlandesgericht (OLG) sprach dem Unternehmen allerdings nur 75 Euro zu und erachtete als entscheidenden Zeitpunkt den Moment, in dem der Halter unmissverständlich klarstellte, dass er sein Fahrzeug zurückhaben wolle. Gegen dieses Urteil war die Abschleppfirma in Revision am BGH gegangen. Weil das Unternehmen aber zunächst nicht auf das Herausgabeverlangen des Halters reagiert hatte, bestätigten die Richterinnen und Richter das OLG-Urteil.
Aus ADAC-Sicht war das ein Einzelfall, der so in der Realität selten vorkomme. Meist seien Halter auf ihr Fahrzeug angewiesen und wollten nicht warten. Daher wendeten sie sich an den Grundstücksbesitzer oder Abschlepper und erhielten das Auto in der Regel gegen Zahlung der entstandenen Kosten und Standgebühren unverzüglich zurück.
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