Mercedes-Benz und Audi setzen für die Zukunft ganz auf das Batterieauto – BMW aber investiert daneben auch in das Wasserstoffauto. Mit Brennstoffzellen von Toyota will BMW ab November den BMW iX5 Hydrogen in einer Kleinserie auf die Straße bringen. Für Vorstandschef Oliver Zipse ist das erst der Anfang: Ein «richtiges Serienangebot» werde bereits geprüft. «Es wird definitiv noch in diesem Jahrzehnt sein. Je früher, desto besser», sagte Zipse am Mittwoch in Garching. Dort gab er den Startschuss für die Produktion des Brennstoffzellen-Systems für den Wasserstoff-BMW.
Für Fahrer bietet das Wasserstoffauto im Alltag Vorteile, wie man sie vom Benziner oder Diesel kennt: Schnelles Tanken und große Reichweiten, sogar bei Kälte. Die große Frage ist aber, ob es genügend grünen Wasserstoff gibt und was das Ganze kostet.
Zipse setzt nicht alles auf eine Karte
Für den Branchenexperten Stefan Bratzel das gewichtigste Argument gegen Wasserstoffautos ist «der hohe Energieeinsatz für Herstellung von Wasserstoff». Mit Strom Wasserstoff herstellen, dann mit einer Brennstoffzelle aus dem Wasserstoff wieder Strom gewinnen für den Elektromotor – da bleibt ein Großteil der Energie auf der Strecke.
Auch für BMW ist das E-Auto mit Batterie künftig das Maß der Dinge, spätestens 2030 soll jeder zweite BMW damit fahren. Aber angesichts zunehmend knapper Rohstoffe für die Akkus einerseits und unzureichender Ladenetze andererseits will Zipse nicht alles auf eine Karte setzen. Wasserstoff sei «das fehlende Puzzle-Teil, das E-Mobilität dort vervollständigen kann, wo sich batterie-elektrische Antriebe nicht durchsetzen werden», sagte er.
Toyota und der koreanische Autobauer Hyundai verkaufen solche Autos schon, in überschaubarer Stückzahl. Der chinesische Autohersteller Changan hat gerade mit einer Serienproduktion begonnen, Opel hat einen Brennstoffzellen-Transporter im Angebot. Mercedes-Benz hat seinen Brennstoffzellen-SUV vor zwei Jahren eingestellt – aber Daimler entwickelt und baut zusammen mit Volvo Brennstoffzellen und will einen Lkw damit 2025 auf den Markt bringen. Porsche, Toyota, Mazda, Subaru, Kawasaki und Yamaha arbeiten daran, Wasserstoff in Benzinmotoren zu verbrennen.
BMW ist also nicht einsam auf weiter Strecke. Von Toyota lassen sich die Münchner die Brennstoffzellen für ihren iX5-Hydrogen liefern. In Garching werden sie zusammengebaut und in München mit den Wasserstofftanks und den hauseigenen E-Motoren in die Karosserien montiert, die aus US-Werk Spartanburg kommen. Die 100 Fahrzeuge kleine Pilotserie soll nicht verkauft, sondern in Europa, den USA, Japan, Korea und China von Autofahrern im Alltag erprobt werden. In fünf Jahren könnte BMW dann für die Großserie bereit sein – sofern der Markt mitspielt.
Die Pläne der USA
Ein schneller Hochlauf sei nicht machbar, sagt Bratzel. «Wir reden da über lange Zeiträume. Das hilft uns nicht über die Klippen der nächsten Jahre». Und «es ist schon eine kostspielige Angelegenheit», sagte der Leiter des CAM-Autoinstituts in Bergisch Gladbach.
Aber die USA lassen 2035 nur noch E-Autos mit Batterie oder Brennstoffzelle auf die Straße. China will schon 2030 eine Million Wasserstoffautos auf der Straße haben. Japan und Korea sehen ebenfalls Potenzial. «Gerade in Ostasien wird breitflächig investiert in die Infrastruktur», sagte Zipse.
Und Wasserstoff ist für die Energiewende auf jeden Fall ein Schlüsselinstrument: Die Industrie, aber auch Flugzeuge, Schiffe und Züge brauchen Ersatz für Öl, Gas und Kohle. Und mit dem Lastwagen komme der Wasserstoff auch in den Straßenverkehr, sagte BMW-Entwicklungsvorstand Frank Weber.
Wasserstoff eignet sich auch gut als Speicher für zeitweise überschüssigen Strom. Zudem kann er auch über sehr weite Strecken transportiert werden. «Das ist natürlich ein Vorteil», sagt Bratzel. Aber dabei «muss man auch die Kosten im Blick haben». Dabei sind sich die Experten allerdings nicht einig. «Wasserstoff zu transportieren ist wirtschaftlicher, als Stromtrassen zu bauen», sagte Weber.
Kostenfrage strittig
Auch bei der Infrastruktur ist die Kostenfrage strittig. In Deutschland zum Beispiel gibt es derzeit erst rund 100 Wasserstofftankstellen. Für Lastwagen muss zwar ohnehin ein Netz aufgebaut werden – aber wenn auch Autos Wasserstoff tanken, müsste das Netz viel dichter werden, «das ist schon sehr teuer», sagt Bratzel. Die Unternehmensberatung McKinsey und der Wasserstoff-Verband Hydrogen Council argumentieren dagegen, wenn 10 Prozent der Autoflotte mit Wasserstoff fahren würden, könnte das hohe Investitionen für die Spitzen im Strom und Ladenetz sparen und die Kosten für Wasserstoff-Tankstellen «mehr als ausgleichen».
Für Zipse ist auch eine entscheidende Frage, «wie Europa den strategischen Zugang zu den entscheidenden Rohstoffen für die E-Mobilität sicherstellen will». Neue Abhängigkeiten drohten. Bratzel sagt: «Wir stoßen bei den Batterien in Knappheiten in den nächsten Jahren.» Mit der Brennstoffzelle sei BMW da «ein bisschen breiter aufgestellt».
E-Autos mit Batterie dürften bei Kleinwagen und in der Mittelklasse aber günstiger bleiben als mit Brennstoffzelle, sagt Bratzel. Der vormalige VW-Chef Herbert Diess hatte Wasserstoff einmal als den Champagner der Energiewende bezeichnet. Aber auch für Champagner gibt es einen Markt. Zipse ist «überzeugt, dass es auch in Europa im Premiumsegment einen Markt für Brennstoffzellenautos gibt».
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