Die Energiebranche warnt vor den Folgen einer Verzögerung beim geplanten Bau wasserstofffähiger Gaskraftwerke. Der Chef des drittgrößten deutschen Energiekonzerns EnBW, Andreas Schell, sagte dem «Spiegel»: «Wenn die Kraftwerkstrategie nicht bald kommt, wird Deutschland 2030 nicht aus der Kohle aussteigen können.» Der Stadtwerkeverband VKU warnte, jeder weitere Aufschub der bereits für diesen Sommer angekündigten Kraftwerkstrategie müsse vermieden werden.
Eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Robert Habeck sagte, die Kraftwerkstrategie werde weiter erarbeitet. Sie solle so schnell wie möglich präsentiert werden. Mit Blick auf das Karlsruher Haushaltsurteil sagte sie, es hänge alles mit allem zusammen. Es handle sich um ein weitreichendes Urteil. Das Ministerium halte am Ziel fest, dass wasserstofffähige Gaskraftwerke gebaut werden sollten.
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts klafft eine große Lücke in den Finanzen des Bundes. Das Gericht hatte eine Umwidmung von Corona-Krediten von 60 Milliarden Euro aus dem Haushalt 2021 in den Klima- und Transformationsfonds für nichtig erklärt. Daraus werden Projekte für den Klimaschutz finanziert.
Kraftwerke für «Dunkelflauten»
Die Bundesregierung setzt beim Umbau des Stromsystems auf erneuerbare Energien aus Wind und Sonne – für «Dunkelflauten» aber sollen wasserstofffähige Gaskraftwerke gebaut werden. Habeck hatte staatliche Zuschüsse angekündigt, die sich im Milliardenbereich bewegen dürften.
EnBW will 2028 aus der Kohleverstromung aussteigen und baut drei neue Gaskraftwerke, die künftig auch Wasserstoff verstromen sollen. «Ohne Planungssicherheit werden wir keine weiteren Investitionsentscheidungen treffen können», sagte Schell dem «Spiegel».
Der Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), Ingbert Liebing, sagte, die Kraftwerksstrategie sei der zentrale Baustein für eine erfolgreiche und effiziente Energiewende, indem sie die künftige Stromversorgung mittels flexibel einsetzbarer Kraftwerke sichern solle. «Ansonsten droht uns eine Versorgungslücke, oder der Kohleausstieg kann nicht wie geplant stattfinden.» Ohne Kraftwerkstrategie sei das Risiko für Investoren zu hoch, und Investitionen würden zunächst ausbleiben. Im schlimmsten Fall werde keines der für 2030 notwendigen Kraftwerke am Netz sein.
Die Politik hatte mit dem Energiekonzern RWE einen um acht Jahre vorgezogenen Kohleausstieg 2030 für das Rheinische Revier festgelegt. Für die Kohleregionen in Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt gibt keine solche Einigung.
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