Als Vorgängerin der Deutschen Bundesbank hat die Reichsbank nach Einschätzung von Forschern bedeutend zum Funktionieren des NS-Systems in den Jahren 1933 bis 1945 beigetragen. Seit spätestens 1936 sei die Reichsbank «eine politisch machtlose Institution und willfähriger Handlanger einer zerstörerischen Politik» gewesen, heißt es in einer wissenschaftlichen Studie zur deutschen Zentralbankgeschichte, die 2017 von der Bundesbank in Auftrag gegeben worden war.
Die Reichsbank unterstützte demnach die Finanzierung der Kriegsrüstung, die finanzielle Ausbeutung der von Deutschland besetzten Gebiete sowie die Erfassung und Verwertung erbeuteten Vermögens. Schon früh im Nationalsozialismus habe sich die Reichsbank «an der Beschlagnahme, Enteignung und dem Abverkauf jüdischen Vermögens» beteiligt. Zudem übernahm die Reichsbank geraubte Goldbestände und Devisen der in den Konzentrations- und Vernichtungslagern ermordeten Menschen.
«Auch während des Krieges hat die Reichsbank intensiv mitgearbeitet an der Eroberungs- und Vernichtungspolitik», sagte der stellvertretende Direktor des Instituts für Zeitgeschichte München, Professor Magnus Brechtken, der das Forschungsprojekt «Von der Reichsbank zur Bundesbank» gemeinsam mit Professor Albrecht Ritschl von der London School of Economics leitete.
«Unerträgliche» Kontinuitäten
Der Untersuchungszeitraum beginnt 1923/24 mit der Stabilisierung der neuen Währung nach der Hyperinflation und dem Amtsantritt Hjalmar Schachts als Reichsbankpräsident und endet im Jahr 1969, als mit Karl Blessing der letzte Bundesbankpräsident aus dem Amt schied, der zum engsten Mitarbeiterkreis um Hjalmar Schacht gehört hatte.
Weder die 1948 gegründete Bank deutscher Länder noch die 1957 gegründete Bundesbank sind Rechtsnachfolger der Reichsbank. Gleichwohl seien nach dem Zweiten Weltkrieg «viele der Personen, die zwischen 1933 und 1945 in der Reichsbank tätig waren, vor allem auf der zweiten und dritten Ebene nach 1945 in ähnlichen Bereichen wieder in der Zentralbank tätig geworden», führte Brechtken aus.
Bundesbank-Präsident Joachim Nagel nannte solche Kontinuitäten «unerträglich». Die Studie belege, dass man «kein verklärtes Bild» von der Geschichte der Bundesbank entwickeln sollte. Nagel hob generell die Bedeutung der umfassenden Untersuchung hervor: «Ihr Werk zeichnet nach, wie Zentralbanker zu willfährigen Gehilfen eines verbrecherischen Regimes wurden. Und es zeigt, wie anfällig sie für Rassismus, Antisemitismus und antidemokratische Einstellungen waren.»
Bundesbank-Präsident warnt vor Antisemitismus
Die Ergebnisse der Studie seien zugleich eine Mahnung, sagte Nagel: «Nie wieder darf es Antisemitismus in Deutschland geben. Nie wieder darf es Ausgrenzung und staatliche Willkür gegen Minderheiten geben. Nie wieder dürfen staatliche Stellen wie die Zentralbank demokratische Werte mit Füßen treten», betonte der Bundesbank-Präsident. Demokratische Werte müssten täglich verteidigt werden: «Haltung bewahren, wenn es darauf ankommt.»
Die wissenschaftliche Arbeit steht als zusammenfassende Broschüre online und in gedruckter Form zur Verfügung. Zudem sollen ein Sammelband und Monografien zu acht Teilforschungsprojekten erscheinen.
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