Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat gegen die geldpolitischen Beschlüsse des EZB-Rats am Donnerstag gestimmt.
Ihm sei «die potenziell zu lange Fortschreibung des Niedrigzinsumfelds zu weitgehend», sagte er der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» in einem am Freitag veröffentlichten Interview. Es herrsche im EZB-Rat aber Einigkeit, «dass eine expansive Geldpolitik derzeit angemessen ist».
Die Notenbank strebt inzwischen für die 19 Staaten des Euroraums mittelfristig eine jährliche Teuerungsrate von zwei Prozent an – und das möglichst über einen längeren Zeitraum. Dabei nimmt sie auch in Kauf, die Inflation vorübergehend moderat über dem Zielwert liegt. Zuvor lag das EZB-Inflationsziel bei «unter, aber nahe zwei Prozent».
Vor Weidmann hatte bereits der belgische Notenbankchef Pierre Wunsch gesagt, ihm gehe das neue Zinsversprechen der Notenbank zu weit. Es sorge sich um die Glaubwürdigkeit, sagte er dem Fernsehsender CNBC. «Ich weiß nicht, ob es angemessen sein wird, in drei, vier, fünf oder sieben Jahren noch negative Zinsen zu haben.»
Weidmann rechnet unterdessen zunächst mit einer stark steigenden Inflationsrate. «Meine Fachleute erwarten etwa für Deutschland zum Jahresende 2021 Raten, die in Richtung fünf Prozent gehen könnten.» Hier seien aber vor allem vorübergehende Effekte am Werk. Längerfristig müsse man die unterschiedlichen Faktoren dennoch genau im Auge behalten.
Weidmann betonte, dass er im neuen Inflationsziel der EZB von zwei Prozent, das in der neuen Notenbank-Strategie festgelegt wurde, «weder eine Verschiebung hin zu deutlich höheren Inflationsraten noch einen dramatischen Kurswechsel» sieht.
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