Die Probleme bei der Deutschen Bahn (DB) haben sich aus Sicht des Bundesrechnungshofs in den vergangenen Jahren vergrößert. «Nach vier offensichtlich verlorenen Jahren ist das System Eisenbahn sogar noch unzuverlässiger geworden und die wirtschaftliche Lage der DB AG hat sich weiter verschlechtert», sagte Rechnungshofpräsident Kay Scheller bei der Vorstellung eines Sonderberichts zur Bahn-Struktur in Berlin. «Die Krise der DB AG wird chronisch, der Konzern entwickelt sich zu einem Sanierungsfall, der das gesamte System Eisenbahn gefährdet.»
In dem Bericht kritisiert der Rechnungshof die vor allem im vergangenen Jahr deutlich gestiegene Unpünktlichkeit im Fernverkehr sowie den wachsenden Schuldenstand des Konzerns. Angesichts der an vielen Stellen sanierungsbedürftigen Infrastruktur sieht er die Ziele der Bundesregierung in Gefahr, bis 2030 die Fahrgastzahlen im Personenverkehr zu verdoppeln und den Anteil am Güterverkehr auf der Schiene auf 25 Prozent zu erhöhen.
Der Rechnungshof hat den neuen Sonderbericht an den Bundestag weitergeleitet. Viele der Punkte tauchen bereits in einem früheren Bericht des Hofes von 2019 auf, etwa die Kritik an den zahlreichen Auslandsinvestitionen des Bahn-Konzerns. «Statt sich auf Schienennetz und -verkehr zu konzentrieren, weitete die DB AG ihre internationalen und bahnfremden Geschäftstätigkeiten immer weiter aus», schreibt die unabhängige Behörde im aktuellen Papier.
Rechnungshof kritisiert Bund
Vom Bund als Bahn-Eigentümer fordert die Kontrollbehörde, seine Einflussmöglichkeiten stärker zu nutzen. Zwar habe die Regierung die Probleme bei der Bahn im vergangenen Jahr «zur Chefsache» erklärt und eine Steuerungsgruppe eingesetzt. Allerdings habe das Gremium erst in diesem Frühjahr personell besetzt werden können. Es ziele zudem nicht «auf eine grundlegende Reform der DB AG ab». Diese hält der Bundesrechnungshof für notwendig, insbesondere eine Aufteilung zwischen Infrastruktur und Betrieb.
Das Bundesverkehrsministerium wies die Kritik des Bundesrechnungshofs zurück und verwies auf verschiedene Maßnahmen, die von der neuen Regierung angestoßen worden seien. «Ich habe kurz nach meinem Amtsantritt eine Strategie vorgelegt, mit der wir die Bahn wieder auf Kurs bringen werden», teilte Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) mit. «Dazu gehört ein radikales Konzept zur Sanierung des Netzes genauso wie die Umstrukturierung des Konzerns inklusive einer gemeinwohlorientierten Infrastruktursparte.»
Generalsanierung geplant
Bund und Bahn planen eine Generalsanierung wichtiger Verkehrsknoten zur Ertüchtigung der Schiene und zur mittelfristigen Verbesserung der Zuverlässigkeit. «Das gilt es nun Punkt für Punkt abzuarbeiten. Und das tun wir konsequent», teilte Wissing weiter mit. «Aktuell werden die Nebenstrecken auf Vordermann gebracht, damit die Generalsanierung der am meisten belasteten Korridore schnell starten kann.» Daran arbeiteten alle Beteiligten hart, hob Wissing hervor. «Was wir nicht können, ist rückwärts regieren.»
Mit Blick auf ihre zahlreichen Beteiligungen hat die Bahn im Dezember zudem angekündigt, sich von der gut laufenden Logistik-Tochter DB Schenker trennen zu wollen. Ab dem kommenden Jahr soll auch die Auslands-Tochter Arriva verkauft werden.
Aus Sicht des Rechnungshofs könne die «längst überfällige Generalsanierung» zwar ein Schritt in die richtige Richtung sein. «Ob das in der Umsetzung funktionieren wird, bleibt abzuwarten – so ist die geplante Umsetzung auch bei Fachleuten oder Verbänden umstritten», hieß es. «Die Generalsanierung alleine wird außerdem die Wachstumsambitionen nicht ermöglichen.»
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