23. November 2024

Börsenprofi

Die Börsen im Überblick

Bundesregierung bringt Abwehrschirm auf den Weg

Die Bundesregierung will die Gaspreise absenken und bringt einen milliardenschweren Abwehrschirm auf den Weg: Doch die Vorsitzende der Gaspreiskommission warnt vor zu hohen Erwartungen.

Die Bundesregierung hat den milliardenschweren Abwehrschirm zur Entlastung von Bürgern und Unternehmen angesichts hoher Energiepreise auf den Weg gebracht.

Das Finanzministerium gab am Freitag einen Entwurf zur Ertüchtigung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds in die Ressortabstimmung. Laut Entwurf soll das Finanzministerium für dieses Jahr ermächtigt werden, für den Fonds Kredite von 200 Milliarden Euro aufzunehmen.

Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) als Sondervermögen soll künftig der Abfederung der Folgen der Energiekrise dienen, insbesondere von Preissteigerungen bei Gas und Strom in Deutschland, wie es im Entwurf heißt. Dieser lag der Deutschen Presse-Agentur am Freitag vor.

Finanziert werden soll über den WSF unter anderem die geplante Gaspreisbremse. Außerdem sollen finanziell angeschlagene Energieversorger gestützt werden, die wegen ausbleibender russischer Gaslieferungen zu hohen Preisen Ersatz am Markt beschaffen müssen. Die dafür geplante umstrittene Gasumlage wurde abgeschafft.

«Wirtschaftsweise» warnt vor zu hohen Erwartungen

Die Vorsitzende der Gaspreiskommission, die «Wirtschaftsweise» Veronika Grimm, hat vor zu großen Erwartungen an die geplante Gaspreisbremse gewarnt. «Wir werden dauerhaft unsere Abhängigkeit von Russland beenden», sagte die Volkswirtschafts-Professorin der Universität Erlangen-Nürnberg den Zeitungen der Funke Mediengruppe

«Der Gaspreis wird also aufgrund der höheren Flüssiggas-Beschaffungspreise trotz einer Gaspreisbremse deutlich höher bleiben als vor dem russischen Überfall auf die Ukraine», so Grimm. Die Kommission könne nicht so tun, als sei nichts gewesen.

Auf das Konzept der geplanten Gaspreisbremse müssen die Haushalte in Deutschland nach Angaben von Bundesfinanzminister Christian Lindner noch einige Tage warten. «Kommende Woche, spätestens übernächste Woche haben wir da Klarheit», sagte der FDP-Politiker am Freitag dem Radiosender 105,5 Spreeradio. «Das ist kein einfaches Unterfangen.» Um es gut zu machen, werde ein wenig Vorbereitungszeit mit der Kommission von Experten und Praktikern gebraucht.

Grimm: Einmalzahlung würde eher zum Sparen beitragen

Eine von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission soll Empfehlungen für die Ausgestaltung der Preisbremse vorlegen. Bei einer Klausur an diesem Wochenende will die Kommission einen «belastbaren Vorschlag» erarbeiten und der Politik übergeben. Der Co-Vorsitzende der SPD, Lars Klingbeil, hatte am Donnerstag erklärt, die Kommission werde am Montag «ein kluges Modell» vorlegen.

Die Ökonomin Grimm warb für eine Gaspreisbremse in Form einer Einmalzahlung. «Wichtig wird sein, einen hohen Sparanreiz zu erhalten. Bei einer Einmalzahlung wäre das ganz klar der Fall», sagte sie. «Einen viel geringeren Sparanreiz hätte man, würde man den Gaspreis um einen bestimmten Prozentsatz senken.» Wenn man den Menschen eine Einmalzahlung zukommen lasse, hätten sie noch viel davon, weniger Gas zu verbrauchen.

Das Kommissionsmitglied Karen Pittel, die Chefin des Ifo-Zentrums für Energie, Klima und Ressourcen, hält ein Zwei-Stufen-Modell für wahrscheinlich. Die Kommission werde am Montag zunächst eine «Kurzfristlösung» zur schnellen Entlastung von Bürgern und Unternehmen vorschlagen, sagte Pittel im ZDF. Bis Monatsende habe das Gremium dann noch Zeit, längerfristige Umsetzungswege auszuarbeiten. Pittel sagte, sie sei dafür, dabei einen «gewissen Grundkonsum» zu subventionieren.

Warnung vor noch mehr Knappheit durch den Deckel

Die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP hatte jüngst einen «Abwehrschirm» angekündigt, um Verbraucher und Unternehmen wegen der steigenden Energiepreise zu unterstützen. Über eine Gaspreisbremse sollen mindestens für einen Teil des Verbrauchs die Preise so gedeckelt werden, dass private Haushalte und Firmen nicht überfordert sind.

Skeptisch äußert sich der wirtschaftspolitische Sprecher der EVP-Fraktion im Europaparlament, Markus Ferber (CSU). Ein solcher Deckel berge die Gefahr, dass Lieferanten ihr Gas lieber in andere Teile der Welt verkaufen, sagte Ferber im rbb24 Inforadio. Das könne zu noch mehr Knappheit und damit noch höheren Preisen führen. «Was also zunächst als einfaches Instrument und einfache Lösung daherkommt, kann ganz schnell zum Bumerang werden.»

Der Ökonom Gabriel Felbermayr warnte in der «Wirtschaftswoche» vor einem «Subventionswettlauf» in Europa. «Und dann haben wir am Ende überall hohe Subventionen, zu wenig Einspareffekte und einen weiter steigenden Gaspreis.»

Giffey will schnelle Entscheidung

Die Kommissionsvorsitzende Grimm beklagte den Zeitdruck, dem das Gremium ausgesetzt sei. «Die Entscheidung zur Einberufung eines solchen Gremiums hätte schon vor ein paar Monaten fallen können, die Entwicklung bei den Gaspreisen war schließlich absehbar», sagte sie.

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sagte im ZDF: «Wir haben eine Notsituation. Wir müssen jetzt verhindern, dass Menschen in die Pleite gehen, in die Insolvenz und dass Betriebe nicht weitermachen.» Schnelligkeit habe Priorität. Der Gaspreisdeckel werde sicher zwei Jahre oder länger nötig sein.

Lindner sagte angesichts stark steigender Verbraucherpreise: «Wir werden an Wohlstand als Gesellschaft verlieren.» Grund seien die höheren Kosten für Energieimporte. «Es wird nicht mehr so günstig sein wie zum Beispiel im letzten oder vorletzten Jahr.»