Vor einer möglicherweise entscheidenden Ampel-Spitzenrunde zur Entlastung der Verbraucher bei den Energiekosten pochen die Grünen auf eine stärkere Reduzierung des Energieverbrauchs.
«Klar ist: Wer kein Geld mehr an Putin geben will, muss jetzt auch auf Energieeffizienz setzen», sagte Grünen-Chefin Ricarda Lang der «Rheinischen Post». Verbraucherschützer forderten vor allem eine gezielte Unterstützung von Menschen mit geringem Einkommen.
Verhandlungen über geplante Entlastungen
Die Regierungsparteien wollten am Mittwochabend (21.00 Uhr) auf Spitzenebene über geplante Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger verhandeln. Dazu soll der Koalitionsausschuss von SPD, Grünen und FDP zusammenkommen, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Koalitionskreisen erfuhr.
«Ich bin zuversichtlich, dass wir uns auf ein Paket schnell wirksamer Maßnahmen einigen können», sagte SPD-Chefin Saskia Esken der «Rheinischen Post», und fügte hinzu: «Maßnahmen, die vor allem Menschen mit geringen und mittleren Einkommen in der aktuellen Energiepreiskrise entlasten, unsere Abhängigkeit von russischen Lieferungen fossiler Energieträger massiv und schnell verringern und dabei die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Unternehmen erhalten.»
Grünen-Chefin Lang forderte in der Zeitung neben einer Reduzierung des Energieverbrauchs Entlastungen im täglichen Leben und eine gezielte Abfederung sozialer Belastungen. Der Staat müsse den Menschen unter die Arme greifen, die das wirklich brauchten – «von der Alleinerziehenden, die auf Grundsicherung angewiesen ist, bis zum Handwerker, der auf dem Land lebt».
Sorge wegen hoher Energiekosten wächst
Einer Umfrage für den Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) zufolge machen sich immer mehr Bürger Sorgen wegen der steigenden Energiepreise. Drei von vier Befragten befürchten demnach, dass sie sie dadurch in Zukunft finanziell belasten werden. Ende Januar, also vor dem russischen Krieg in der Ukraine, lag dieser Wert noch bei 62 Prozent.
Die Verbraucherschützer forderten die Bundesregierung auf, vor allem Menschen mit geringem Einkommen gezielt zu unterstützen. «Niemand sollte wegen der hohen Energiepreise frieren oder im Dunkeln sitzen und Sorgen haben müssen, den Lebensmitteleinkauf für die Familie nicht zahlen zu können», erklärte Verbandschefin Jutta Gurkmann. Auch Mobilität müsse für alle bezahlbar bleiben.
Das Wirtschaftsministerium geht laut vzbv für einen Durchschnittshaushalt von Mehrkosten fürs Heizen mit Gas von 2000 Euro im Jahr aus. Bei Strom sind es demnach aktuell gut 100 Euro Mehrkosten pro Jahr. Autofahrer müssten etwa 700 bis 850 Euro mehr ausgeben als im Vorjahr.
Zuletzt hatte eine Arbeitsgruppe aus Parteivertretern über Entlastungen verhandelt, aber keine endgültige Einigung erzielt. Deshalb sind jetzt die Parteispitzen am Zug. Der Koalitionsausschuss ist das Spitzengremium für Abstimmungen zwischen den Regierungsparteien. Vertreten sind dort unter anderem die Partei- und Fraktionschefs sowie wichtige Minister und Kanzler Olaf Scholz (SPD).
Mehrere Vorschläge auf dem Tisch
Mehrere Vorschläge liegen auf dem Tisch: FDP-Chef und Finanzminister Christian Linder will einen Tankzuschuss, bei den Koalitionspartnern stieß dies jedoch auf Widerstand. SPD und Grüne wollen Mobilität zwar auch günstiger machen, dabei aber Menschen mit kleinem Einkommen stärker entlasten. Die Grünen drängen zudem auf Maßnahmen zum Energiesparen.
Umstritten bleibt ein möglicher Importstopp für Gas, Öl und Kohle aus Russland. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums liegt der Anteil russischer Importe an den fossilen Gasimporten bei 55 Prozent. Bei Kohle sind es demnach 50 Prozent und bei Rohöl 35 Prozent.
Kanzler Olaf Scholz (SPD) sieht kurzfristig keine Möglichkeit, auf Energielieferungen aus Russland zu verzichten. Deutschland wolle zwar langfristig seine Abhängigkeit beenden, sagte er in der Generaldebatte über den Haushalt des Kanzleramts. «Das aber von einem Tag auf den anderen zu tun, hieße, unser Land und ganz Europa in eine Rezession zu stürzen», warnte er. «Hunderttausende Arbeitsplätze wären in Gefahr. Ganze Industriezweige stünden auf der Kippe.»
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