China will in diesem Jahr trotz schwerer wirtschaftlicher Probleme ein Wirtschaftswachstum von «rund fünf» Prozent erzielen – und schraubt den Militäretat erneut deutlich nach oben. Diese Vorhaben nannte der chinesische Ministerpräsident Li Qiang zum Auftakt des Volkskongresses in Peking in seinem Rechenschaftsbericht.
«Es wird nicht einfach sein, die diesjährigen Ziele zu erreichen», schwor Li die 2872 Delegierten ein, die bei Schneeregen in die Große Halle des Volkes kamen. Man müsse «hart arbeiten» und auf allen Seiten an einem Strang ziehen.
Li machte deutlich, dass die Transformation der Wirtschaft weitergehen müsse. «Wir sollten an den Prinzipien festhalten, Fortschritt zu verfolgen und gleichzeitig Stabilität zu gewährleisten, Stabilität durch Fortschritt zu fördern und Neues zu schaffen, bevor wir Altes abschaffen», sagte Li. Die Transformation des Wachstumsmodells müsse vorangetrieben werden. Auch manche Beobachter erachten die Abkehr vom bisherigen System, das China einen rasanten Wirtschaftsaufschwung garantierte, aber für kein nachhaltiges Wachstum sorgte, als eine bessere Wahl für das Land mit 1,4 Milliarden Einwohnern.
Mehr Geld für Volksbefreiungsarmee
Kräftig investieren will Peking erneut ins Militär. Das Verteidigungsbudget wurde laut Haushaltsentwurf um 7,2 Prozent auf 1,67 Billionen Yuan (rund 214 Milliarden Euro) erhöht. Die Entscheidung, den Etat erneut deutlich anzuheben, dürfte auch mit dem angespannten Verhältnis zu Taiwan, das China als abtrünnige Provinz betrachtet, und umstrittenen Gebietsansprüchen im Südchinesischen Meer zusammenhängen. Zwar rechnen Experten bislang nicht mit einem Kriegsausbruch in der Meerenge zwischen China und Taiwan. Allerdings strebt Peking eine Wiedervereinigung mit der Inselrepublik an – notfalls auch mit militärischen Mitteln.
Die Volksrepublik unterhält gemessen an den geschätzt zwei Millionen aktiven Soldaten die größte Armee der Welt. Chinas Verteidigungshaushalt ist in den vergangenen Jahren immer stärker als die Gesamtausgaben des Staats gestiegen. Auch lag der Anstieg meist über der Wachstumsrate der Wirtschaft. Der offizielle Militärhaushalt gibt nach Angaben von Experten allerdings nur einen Teil der tatsächlichen Ausgaben wieder, da viele Aufwendungen für die Volksbefreiungsarmee auch von anderen Etats gedeckt werden.
Zweifel an Glaubwürdigkeit der Wirtschaftsdaten
Bereits im Vorjahr hatte China ein Wachstum von «rund fünf Prozent» angestrebt, das letztlich leicht übertroffen wurde. Nach offiziellen Angaben des Pekinger Statistikamtes wuchs die zweitgrößte Volkswirtschaft schließlich um 5,2 Prozent. Kritiker bezweifeln allerdings grundsätzlich die Genauigkeit der chinesischen Wirtschaftsdaten. Dennoch gilt die Höhe des Wachstumsziels als wichtiger Gradmesser und Indikator für den wirtschaftspolitischen Kurs der Regierung.
Zuletzt hatte die chinesische Wirtschaft vor allem unter der schwachen globalen Nachfrage, dem kriselnden Immobilienmarkt und dem schwachen Binnenkonsum gelitten. Der chinesische Aktienmarkt steht stark unter Druck.
Ende des Geldes aus der Gießkanne?
Angesichts der Wirtschaftskrise hatten sich vor allem in- und ausländische Unternehmen in diesem Jahr wichtige Signale vom Volkskongress erhofft. Doch die Signale der Regierung waren bestenfalls zwiespältig. Zwar bezeichneten Beobachter das Wachstumsziel von rund fünf Prozent als durchaus ambitioniert. Auch gab es Anzeichen, dass Peking dem krisengeschüttelten Immobilienmarkt stärker unter die Arme greifen will. So tauchte in den am Dienstag vorgelegten Regierungsberichten erstmals seit Jahren nicht mehr die Formulierung auf, «dass Wohnungen zum Leben und nicht zum Spekulieren da sind».
Insgesamt fehlten aber Impulse, die auf ein großes Konjunkturpaket schließen lassen. Die Botschaft lautet vielmehr: Peking will Kurs halten und das Geld nicht mit der Gießkanne verteilen. Vor allem Zukunftstechnologien sollen gefördert werden. Bei der Neuverschuldung ist dagegen Zurückhaltung angesagt.
Moderate Neuverschuldung
Wie aus dem Haushaltsentwurf hervorging, soll so das Defizit im laufenden Jahr bei drei Prozent der Wirtschaftsleistung liegen. Für 2022 waren ebenfalls drei Prozent vorgesehen, die aber später auf 3,8 Prozent angehoben wurden.
Li kündigte zudem an, dass in diesem Jahr mehr als zwölf Millionen neue Arbeitsplätze in den Städten geschaffen werden sollen. Außerdem strebt die Regierung wie im Vorjahr eine Arbeitslosenquote von rund 5,5 Prozent an. Die Inflation soll bei rund drei Prozent liegen.
Der Nationale Volkskongress ist das nicht frei gewählte Parlament Chinas unter der Alleinherrschaft der Kommunistischen Partei. Bei seiner jährlichen Sitzung segnen die Abgeordneten die Pläne und Ziele der Regierung von Staats- und Parteichef Xi Jinping und Ministerpräsident Li ab. Der Volkskongress tagt noch bis zum kommenden Montag.
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