24. November 2024

Börsenprofi

Die Börsen im Überblick

Cum-Ex-Urteil erwartet: Hanno Berger droht lange Haftstrafe

Einst arbeitet er als hochrangiger Finanzbeamter für den Staat - später bewirbt er bei Reichen ein Geschäftsmodell, das den Fiskus um Milliarden prellt. Nun steht ein zweites Urteil gegen Hanno Berger bevor.

Es geht um den Vorwurf der schweren Steuerhinterziehung, komplexe Aktiengeschäfte im Milliardenvolumen und einen großen finanziellen Schaden für den Fiskus: Im Skandal um Cum-Ex-Aktiendeals wird heute am Landgericht Wiesbaden ein Urteil gegen die Schlüsselfigur Hanno Berger erwartet.

Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt wirft ihm vor, von 2006 bis 2008 bei komplexen Cum-Ex-Aktiendeals mitgewirkt zu haben, die zu unberechtigten Steuerrückerstattungen von 113 Millionen Euro führten. Bei den von Berger (72) vermittelten Geschäften seien über frühere Beschäftigte der Hypovereinsbank Dax-Aktien im Wert von 15,8 Milliarden Euro gehandelt worden. Profiteur war ein inzwischen verstorbener Immobilieninvestor. Die Gewinne habe man aufgeteilt.

Lange Haftstrafe gefordert

Die Generalstaatsanwaltschaft hat wegen schwerer Steuerhinterziehung in drei Fällen eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren und sechs Monaten gefordert – das wäre mehr als in einem ersten Cum-Ex-Urteil gegen Berger am Landgericht Bonn bei weniger Schadenssumme. Er solle zudem Taterträge in Millionenhöhe zurückzahlen. Die Verteidigung plädierte auf Freispruch: Cum-Ex-Geschäfte seien damals nicht verboten gewesen.

Schon im Dezember hatte das Landgericht Bonn Berger zu acht Jahren Haft wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Bei einem Urteil in Wiesbaden kann per nachträglichem Beschluss eine Gesamtstrafe von bis zu 15 Jahren gebildet werden. Noch aber ist das Bonner Urteil nicht rechtskräftig. Berger hat Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt.

Bürgerbewegung Finanzwende: Skandal entschiedener aufklären

Der Verein Bürgerbewegung Finanzwende hat ein konsequenteres Aufarbeiten des Steuerskandals um Cum-Ex-Aktiengeschäfte gefordert. «Es müssen endlich alle Hebel in die Hand genommen werden, um die Aufklärung entschieden voranzutreiben und alle Täter vor Gericht zu bringen», sagte Vorstand Gerhard Schick der Nachrichtenagentur dpa. Man befinde sich erst am Anfang der juristischen Aufklärung «und das mehr als 10 Jahre nach dem Stopp der Geschäfte», kritisierte der frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete.

«Viel zu lange konnten Cum-Ex-Täter die Staatskasse unbehelligt ausnehmen», monierte Schick. Die Prozesse gegen Hanno Berger seien daher ein wichtiges Signal, sagte er vor einem erwarteten Urteil des Landgerichts Wiesbaden gegen den Steueranwalt heute. Berger gilt als Architekt der Cum-Ex-Deals, bei denen sich Banken und Investoren nie gezahlte Kapitalertragssteuern erstatten ließen und den Staat geschätzt um mindestens zehn Milliarden Euro prellten.

Millionengewinn in beratender Funktion

Dabei nutzten sie eine damalige Gesetzeslücke. Rund um den Dividendenstichtag wurden Aktien mit und ohne Ausschüttungsanspruch zwischen mehreren Beteiligten hin- und hergeschoben. Am Ende des Verwirrspiels erstatteten Finanzämter Kapitalertragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Erst 2012 wurde das Steuerschlupfloch geschlossen. Im Sommer 2021 entschied der Bundesgerichtshof, dass Cum-Ex-Geschäfte als Steuerhinterziehung zu werten sind.

Berger gilt als treibende Kraft der Cum-Ex-Deals in Deutschland, die ihre Hochphase zwischen 2006 und 2011 hatten und weit verbreitet waren. Berger hatte einst als Finanzbeamter Geldhäuser kontrolliert, später wechselte er die Seite und machte sich als Steueranwalt selbstständig. Er pries Cum-Ex-Deals bei Banken und Vermögenden als rechtlich sichere Steueroptimierung an, beriet bei der Konstruktion und verdiente Millionen daran. Berger hatte die Vorwürfe wiederholt zurückgewiesen und sich als Opfer eines Justizskandals gesehen.