Nach dem 9-Euro-Ticket kommt nun Deutschlandticket für Busse und Bahnen im Nah- und Regionalverkehr. Es soll zum Start – möglichst früh im kommenden Jahr – 49 Euro im Monat kosten. Mit einer Einigung über Finanzfragen machten Bund und Länder gestern den Weg frei.
Mit dem Ticket soll der öffentliche Personennahverkehr attraktiver werden. Sprich: Vor allem Pendler sollen vom Auto auf Busse und Bahnen umsteigen. Das soll auch helfen, Klimaziele zu erreichen. «Noch nie war es für die Menschen in unserem Land so einfach, Bus und Bahn zu nutzen», sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing.
Was genau wurde entschieden?
Die 9-Euro-Tickets ermöglichten im Juni, Juli und August jeweils für einen Monat bundesweit Fahrten in Bussen und Bahnen. Nach Branchenangaben wurden rund 52 Millionen verkauft. Politiker und die Verkehrsbranche werteten das als großen Erfolg – auch weil das Ticket bundesweit gültig war. Bisher gibt es viele Tarifzonen und unterschiedliche Angebote.
Auf Dauer sei ein solch «extrem günstiger Tarif» nicht zu finanzieren, hatte Wissing deutlich gemacht. In der Diskussion waren daraufhin verschiedene Preismodelle. Mitte Oktober einigten sich die Verkehrsminister von Bund und Ländern grundsätzlich auf ein 49-Euro-Ticket als Nachfolgemodell für das 9-Euro-Ticket.
Auch zu den Finanzfragen gibt es nun eine Einigung. Der Bund erhöht dauerhaft Regionalisierungsmittel, mit denen die Länder Bahn- und Busverbindungen bei den Verkehrsunternehmen bestellen. Die Länder hatten dies zur Bedingung gemacht, dass sie das 49-Euro-Ticket mitfinanzieren. Das neue Ticket kostet drei Milliarden Euro. Bund und Länder finanzieren das jeweils zur Hälfte. Über die weitere Entwicklung der Regionalisierungsmittel und des Deutschlandtickets für die Zeit ab 2025 wollen Bund und Länder Ende 2024 sprechen.
Was ist konkret geplant?
Das digitale, bundesweit gültige Deutschlandticket ist für einen Einführungspreis von 49 Euro im Monat in einem monatlich kündbaren Abonnement vorgesehen. Ob es auch im Papierformat an Automaten zu kaufen sein wird, ist offen. Die Entscheidung treffen die Länder und Verkehrsverbünde.
Das Ticket könnte mit der Zeit teurer werden. Nach den Plänen der Verkehrsminister ist ab dem zweiten Jahr eine «Dynamisierung» in Form eines automatischen Inflationsausgleichs geplant.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst sagte: «Der Preis wird steigen.» Es solle vermieden werden, dass wegen steigender Kosten Bestandsverkehre abbestellt und Linien ausgedünnt werden müssten. «Das beste Ticket hilft am Ende nicht, wenn der Bus nicht mehr kommt.»
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sagte, die vom Bund zugesagten Regionalisierungsmittel reichten nicht aus. «Auf der anderen Seite will der Bund mit dem 49-Euro-Ticket jetzt ein neues Angebot schaffen.» Im ÖPNV sorgten enorme Kostensteigerungen etwa bei der Energie dafür, dass das Geld nicht reiche. Strecken würden ausgedünnt oder stillgelegt.
Wann wird das Ticket eingeführt?
«Schnellstmöglich» – so steht es im Beschlusspapier von Bund und Ländern. Wissing sagte, Ziel sei ein Start zum Jahreswechsel. Es seien Vorarbeiten geleistet worden, aber noch Fragen zu beantworten.
Ob eine Einführung zum Januar klappt, scheint offen. Vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) hieß es, ein Start zum 1. Januar wäre wünschenswert: «Wir setzen alles daran.» Dies sei aber zunehmend unrealistisch. Wahrscheinlicher sei eine Einführung zum Ende des ersten Quartals 2023. Auch die Länder müssten in den Parlamenten die Beschlüsse herbeiführen. Darauf verwiesen auch Landesminister. Darüber hinaus seien viele weitere Fragen offen, argumentiert der VDV. Es sei kein monatliches 9-Euro-Ticket, sondern ein Abonnement. Dies sei aufwendiger.
Inwiefern sind soziale Staffelungen geplant?
Die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland, Michaela Engelmeier, lobte zwar die Einigung. «Trotzdem bleiben wir dabei, dass sich 49 Euro nicht alle Menschen leisten können. Deshalb fordern wir weiterhin ein 365 Euro-Ticket.»
In Ländern könnte es gestaffelte Preise geben. Berlin hatte nach dem 9-Euro-Ticket ein 29-Euro-Monatsticket beschlossen, das seit Oktober im Abo erhältlich ist und nur in Berlin gilt. Der rot-grün-rote Senat hatte sich darauf verständigt, es zunächst um drei Monate bis Ende März zu verlängern.
Zum 49-Euro-Ticket sind andere Fragen ebenfalls offen. So fordert der Fahrradclub ADFC, dass Räder in Nahverkehrszügen grundsätzlich kostenlos mitgenommen werden dürfen.
Kritik vom Nahverkehrsverband
Der Bundesverband Schienennahverkehr hält den Bund-Länder-Kompromiss zum 49-Euro-Ticket für unzureichend. «Mit diesem Kompromiss wird nur kurzfristig der Druck aus dem Kessel genommen», teilte Verbandspräsident Thomas Prechtl mit. In dem Verband sind vor allem die Verkehrsverbünde in Deutschland organisiert; sie bestellen den Nahverkehr bei den Verkehrsunternehmen. «Der Bund erhält das Deutschlandticket, mit dem er politisch punkten kann und die Länder werden in die Lage versetzt, aktuell zumindest die Bestandsverkehre zu erbringen», betonte Prechtl.
Doch bereits ab 2023 werde mit diesem Ergebnis wieder neuer Streit über die Finanzierung des ÖPNV ausbrechen. «Denn für den ÖPNV insgesamt sind die nun zugesagten eine Milliarde Euro zusätzlicher Regionalisierungsmittel bei weitem nicht ausreichend.» Notwendig sei eine langfristige Finanzierungssicherheit.
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