Der deutsche Aktienmarkt hat sich am Donnerstag nach der Zinsanhebung durch die US-Notenbank Fed robust gezeigt. So zeichnet sich ein Ende des Zinserhöhungszyklus ab. Zwischenzeitlich größere Verluste machte der Dax wett und notierte am Nachmittag mit 15.209,07 Punkten nur noch knapp im Minus. Der MDax schaffte es mit 0,82 Prozent ins Plus auf 27.084,64 Zähler.
Im Mittelpunkt standen neuerliche geldpolitische Straffungen. Am Vorabend schon hatte die US-Notenbank Fed trotz der jüngsten Turbulenzen im Bankensektor ihren Leitzins um 0,25 Prozentpunkte angehoben. Nun folgten die Zentralbanken in der Schweiz, Norwegen und Großbritannien. Von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) gab es gar eine Anpassung um 0,50 Prozentpunkte.
«Die US-Notenbank lässt sich vorerst durch die globalen Turbulenzen im Bankensektor nicht von ihrem restriktiven Kurs abbringen», sagte Robert Halver von der Baader Bank. Es zeichne sich aber ab, dass die Fed in diesem Jahr nur noch eine kleine Zinssteigerung vornimmt. «Das Ende der Zinswende ist erkennbar und nach einer der Glaubwürdigkeit geschuldeten Karenzzeit scheinen selbst Leitzinssenkungen nur noch eine Frage der Zeit zu sein», so Halver.
Der Baader-Experte glaubt, dass unter diesen Umständen Wachstumsaktien allmählich wieder für Anleger interessanter werden als die sogenannten Substanzwerte, zu denen zum Beispiel der am Donnerstag schwächere Autosektor zählt. Als Sinnbild für Wachstum gilt klassischerweise der Tech-Sektor, der am Donnerstag führend in der europäischen Branchentabelle war. Im Dax kamen Infineon auf ein Plus von 1,1 Prozent.
Im Bankensektor dagegen blieb die Stimmung von Bedenken geprägt, zumal sich US-Finanzministerin Janet Yellen am Vortag gegen eine «pauschale» Einlagensicherung zur Stabilisierung des US-Bankensystems ausgesprochen hatte. Für die Titel der Commerzbank und der Deutschen Bank ging es zuletzt um 1,1 beziehungsweise 2,3 Prozent bergab.
Gefragt waren einmal mehr Aktien aus dem Rüstungssektor. Rheinmetall zogen an der Dax-Spitze um 1,9 Prozent an, sie nagten sogar zeitweise an ihrer Bestmarke. Das deutsche Verteidigungsministerium will aus dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr mehr als 100 Radpanzer vom Typ Boxer beschaffen. Mit den 4,6 Prozent höheren Hensoldt-Aktien fiel ein weiterer Branchenwert positiv auf.
In der zweiten Börsenreihe ging es mit 15 Prozent besonders stark für Nemetschek nach oben, obwohl der Bausoftware-Hersteller wegen der Umstellung auf ein Abo-Modell 2023 mit einem langsameren Wachstum rechnet. Laut dem Stifel-Analysten Chandramouli Sriraman zeigt der Ausblick aber, dass sich das Abomodell in den kommenden Jahren bezahlt machen wird. Dann rechnet Nemetschek nämlich mit einer Wachstumsbeschleunigung.
Eine klar positive Reaktion gab es noch bei Scout24 mit einem Anstieg um 3,8 Prozent. Hier kam gut an, dass der Online-Immobilienmarktplatz seinen Aktionären nach einem kräftigen Gewinnzuwachs im vergangenen Jahr mehr Dividende zahlt.
Klare Schwäche zeigten dagegen die Aktien von CTS Eventim mit einem Abschlag von 2,7 Prozent. Der Eventvermarkter rechnet 2023 mit einer stabilen Umsatz- und Gewinnentwicklung. Am Markt war aber Händlern zufolge jeweils ein kleiner Anstieg erwartet worden.
Noch größer war der Druck bei dem Laserspezialisten LPKF mit einem Kurseinbruch um zuletzt zehn Prozent. Erstmals seit Oktober sackten sie wieder kurz unter die 9-Euro-Marke ab. Analyst Adrian Pehl vom Investmenthaus Stifel stufte die Geschäftsziele in einer ersten Reaktion als «vorsichtig» ein.
Der Euro profitierte über Nacht von der Spekulation auf ein Ende der Zinsspirale in den USA. Zuletzt wurden 1,0884 US-Dollar für die Gemeinschaftswährung gezahlt, deren Referenzkurs am Mittwoch von der Europäischen Zentralbank (EZB) auf 1,0785 Dollar festgesetzt wurde.
Die Kurse deutscher Bundesanleihen sind am Donnerstag gefallen. Die Umlaufrendite stieg im Gegenzug von 2,23 Prozent am Vortag auf 2,28 Prozent. Während der Rentenindex Rex um 0,12 Prozent auf 125,93 Punkte zulegte, stagnierte der Bund-Future mit 136,34 Punkten auf Vortagsniveau.
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